Wensierski und Griese

Kerstin Griese trifft … Peter Wensierski

Der bekannte Journalist Peter Wensierski, geboren in Heiligenhaus, war Gast bei „Kerstin Griese trifft …“ in seiner Heimatstadt. „Es geht um Geschichten aus der Geschichte“, sagte Griese bei der Begrüßung von Wensierski, der viele wichtige Themen aus der Geschichte Ost- und Westdeutschlands begleitet hat.

Berlin

Aktuelle Neuerscheinung: Berlin – Stadt der Revolte, von Michael Sontheimer und Peter Wensierski.

Griese kennt den Namen Wensierski seit den 80er Jahren. Damals hatte sie sein im Osten verbotenes Buch „Schwerter zu Pflugscharen“ in die DDR geschmuggelt, als sie dort mit einer Jugendgruppe ihre evangelische Partnergemeinde besuchte. „Ich war Schülerin, wir waren jung und leichtsinnig“, erinnerte sich Griese.

Wensierski war damals Reisekorrespondent in der DDR und hatte oft mehr Bewegungsspielrum, als die fest akkreditierten West-Journalisten. Der angebliche „Friedensstaat“ habe immer mehr auf Militarisierung gesetzt, erzählte Peter Wensierski. „Margot Honecker hatte den Wehrkundeunterricht eingeführt – evangelische Schüler machten da nicht mit.“ Vor dem UNO-Gebäude in New York gebe es die von der Sowjetunion geschenkte Schwerter-zu-Pflugscharen-Skulptur, die als Stoffaufnäher zum Symbol der oppositionellen Jugend wurde. „Volkspolizisten haben den Jugendlichen die Aufnäher mit der Schere vom Ärmel geschnitten.“ Dann sei an den Parkas nur ein genähter Kreis übrig geblieben, den die Jugendlichen als Trophäe getragen hätten.

Peter Wensierski wusste mit seinen erlebten Geschichten das Publikum im Heiligenhauser Club zu fesseln. Der Träger des Bundesfilmpreises zeigte zudem diverse Ausschnitte aus Dokumentarfilmen, sowohl aus der DDR als auch der BRD. Die Menschen im Westen in den 60er Jahren waren nicht besser, warnte Wensierski vor Überheblichkeit gegenüber dem Osten.
„Wir haben 50 Jahre 68“, erinnerte Kerstin Griese an die 68er Bewegung. „Der haben wir viel zu verdanken.“ Peter Wensierski ergänzte: „Wir wären in der Gesellschaft nicht da, wo wir heute sind, wenn es die Revolte nicht gegeben hätte.“ Für sein soeben erschienenes Buch „Berlin – Stadt der Revolte“ hat der Journalist viel recherchiert. 1968 habe aber nicht nur in Berlin stattgefunden. Selbst am Gymnasium in Kettwig, das er besuchte, habe sich die Schülervertretung „Revolutionäres Schülerkomitee“ genannt und einen Geschichtsunterricht gefordert, der die Zeit des Faschismus aufarbeitet.

„Peter Wensierski hat aufgedeckt, wie Kinder in Heimen behandelt wurden“, sprach Griese ein dunkles Thema an, um das er sich verdient gemacht hat. „Wir waren erstaunt, dass es einen weißen Fleck in der Geschichte der Bundesrepublik gab“, so Wensierski. „Eine Million Kinder waren in Erziehungsheimen untergebracht, oft aus nichtigem Grund. Sie wurden entwertet als Menschen. Das hinterlässt lebenslange Spuren“, erklärte der Autor des Buchs „Schläge im Namen des Herrn“. Kerstin Griese erläuterte, welche politischen Folgen die Wensierski-Recherchen hatten: „Es wurde ein runder Tisch eingerichtet, und jetzt gibt es einen Hilfsfonds für die ehemaligen Heimkinder.“ An dem seinen nicht nur Bund und Länder beteiligt, sondern auch die Kirchen, die zumeist die Träger dieser Erziehungsheime waren.

„Ich finde es total wichtig, dass wir uns für unser eigenes Land interessieren“, sagte Wensierski und war sich dabei mit Griese einig, die eben nicht nur Bundestagsabgeordnete ist, sondern auch Historikerin ist. Zum Abschluss des Abends zeigte Peter Wensierski noch Bilder aus der Geschichte von Heiligenhaus und sorgte damit für viele Erinnerungen unter den Zuschauenden.