Sterbehilfe: Kritik geht am Kern der Debatte vorbei

Die Stellungnahme deutscher Strafrechtslehrerinnen und Strafrechtslehrer zur geplanten Ausweitung der Strafbarkeit der Sterbehilfe berĂŒcksichtige nicht die im Bundestag und in der Gesellschaft gefĂŒhrte Debatte, kritisieren Kerstin Griese und Eva Högl. Es werde suggeriert, die Abgeordneten wĂŒrden die Sterbehilfe grundsĂ€tzlich unter Strafe stellen wollen.

» aerzteblatt.de: Strafrechtler-Papier zum assistierten Suizid weiter in der Kritik

„Im Deutschen Bundestag arbeiten wir zurzeit mit mehreren Abgeordneten verschiedener Fraktionen an einem Gesetzesentwurf, der die geschĂ€ftsmĂ€ĂŸige Förderung der Selbsttötung unter Strafe stellen soll“, erlĂ€utert die SPD-Kirchenbeauftragte Griese. „Dabei geht es nur um die geschĂ€ftsmĂ€ĂŸige, also die auf Wiederholung angelegte Beihilfe zum Suizid durch Organisationen oder Einzelpersonen. Damit wollen wir verhindern, dass sich die Suizidbeihilfe als legale und alltĂ€gliche Dienstleitung etabliert.“

Kerstin Griese wehrt sich gegen eine entsolidarisierte Gesellschaft, in der sich alte, kranke oder pflegebedĂŒrftige Menschen dazu gedrĂ€ngt fĂŒhlen könnten, „diese ‚normale‘ Dienstleitung in Anspruch zu nehmen, um niemandem zur Last zu fallen“. Vielmehr solle das Ende des Lebens unter Einbeziehung der Menschen aus dem Umfeld des Sterbenden, der Ärztinnen und Ärzte und Pflegerinnen und Pfleger nach ethischen MaßstĂ€ben individuell gestaltet werden können. „Wir wollen eine sorgende Gesellschaft.“

Genau das passiere in Hospizen und Palliativstationen mit großem fachlichen und ehrenamtlichen Einsatz. „Hier werden die Menschen im Sterben begleitet, sie erfahren Beistand und Zuspruch, ebenso werden Schmerzen gelindert. Wenn Strafrechtlerinnen und Strafrechtler wirklich meinen, in Hospizen und Palliativstationen werde tagtĂ€glich organisiert Sterbehilfe geleistet, dann haben sie den Kern der Hospiz- und Palliativarbeit nicht verstanden“, betont Kerstin Griese. Im Bundestag bestehe jedenfalls Einigkeit darĂŒber, dass die Hospizarbeit und die Möglichkeiten der Palliativmedizin erheblich ausgebaut werden sollen. „Mittlerweile liegt der Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Hospiz- und Palliativversorgung in Deutschland vor, ĂŒber den noch vor den EntwĂŒrfen zum assistierten Suizid und zur Sterbehilfe beraten werden soll.“

Kerstin Griese und Eva Högl bekennen sich in ihrem Positionspapier dazu, dass die bestehenden Ă€rztlichen Behandlungsmöglichkeiten nicht durch ein strafrechtliches Verbot einschrĂ€nken werden. „Die wichtige Arbeit in Hospizen und Palliativstationen wird daher auch weiterhin uneingeschrĂ€nkt möglich sein, selbst wenn durch die Gabe von schmerzlindernden Mitteln im EinverstĂ€ndnis mit den Betroffenen eine LebensverkĂŒrzung eintreten kann. Die ZulĂ€ssigkeit dieser Behandlung hat der Bundesgerichtshof bereits 1996 in einem Urteil festgehalten.“ Daran werde nicht gerĂŒttelt.

» pdf Kerstin Griese/Eva Högl: Kritik der Strafrechtler geht am Kern der Debatte vorbei

Ein Kommentar zu „Sterbehilfe: Kritik geht am Kern der Debatte vorbei

  1. Barbara Marc

    Ich war als Vorsitzende der AG 60plus der MĂŒnchner SPD gestern im Landtag.
    Die AusfĂŒhrungen der Genossin Griese fand ich sehr gut, auch den angestrebten Kompromiss fĂŒr das neue Gesetz.
    Sehr positiv und ganz meine Meinung: der Ausbau der Hospizbegleitung, ambulant und stationÀr.
    Wir dĂŒrfen Sterbende nicht lĂ€nger in Kliniken abschieben, die sie sinnloserweise schulmedizinisch weiter „behandeln“, wo behutsame Pflege und Sterbebegleitung notwendig wĂ€ren!
    HierfĂŒr brauchen wir deutschlandweit HOHE INVESTITIONEN.
    Ich hoffe auf Zustimmung in der SPD-Fraktion!
    Freundschaft!
    Barbara Marc

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