Sebastian Edathy war zu Gast in Ratingen bei âKerstin Griese trifft âŠâ, um ĂŒber die unzĂ€hligen Pannen bei der AufklĂ€rung der NSU-Morde und den mangelnden Informationsaustausch zwischen den Strafverfolgungsbehörden zu berichten. Zwar seien meistens keine RechtsverstöĂe festgestellt worden, so der Vorsitzende des NSU-Untersuchungsausschusses, aber es habe aber eine âErmittlung mit Scheuklappenâ gegeben.
» Rheinische Post Ratingen: Edathy spricht ĂŒber den NSU-Skandal
Kerstin Griese war besonders erschĂŒttert ĂŒber die Aussage einer Tochter eines Opfers bei der Trauerfeier fĂŒr die Toten der NSU-Morde, die klagte, dass es ihr in der Zeit nach dem Mord an ihrem Vater verwehrt war, Opfer zu sein. Die Ermittler vermuteten jahrelang die TĂ€ter im Umfeld der Familie. Erschwerend kommt hinzu, so Edathy, dass die Strafverfolgungsbehörden durch unwĂŒrdige Arbeitsweisen bei der Fahndung bereit waren, das Leben weiterer BĂŒrger aufs Spiel zu setzen.
FĂŒr Edathy sind im Laufe der Untersuchung Strukturprobleme bei der Organisation der Behörden und Haltungsdefizite bei deren Mitarbeitern deutlich geworden. Zudem sei der Rechtsextremismus eindeutig unterschĂ€tzt worden. Nicht anders könne die EinschĂ€tzung der Polizei gewertet werden, die in einem Fall in den Akten vermerkt hĂ€tten, dass es der tĂŒrkischen MentalitĂ€t entspreche, der Polizei nicht immer die Wahrheit zu sagen. Auch sei ein polizeilicher Gutachter bei der Untersuchung ĂŒberzeugt gewesen, dass die BrutalitĂ€t der Taten dafĂŒr sprechen, dass die TĂ€ter nicht aus dem westlichen Kulturkreis stammen. Damit sich dieses in der Geschichte Westdeutschlands beispiellose Behördenversagen nicht wiederholt, fordert er als Konsequenz, âdie Behörden mĂŒssen zukĂŒnftig verpflichtet werden, sich untereinander besser zu informieren. Bei Straftaten gegen Menschen mit Migrationshintergrund muss grundsĂ€tzlich auch ein rechtsextremer Hintergrund mit erwogen werden und es muss vorurteilsfrei und ergebnisoffen ermittelt werdenâ. Zudem mĂŒsse es eine bessere Personalauswahl sowie eine bessere Aus- und Weiterbildung geben.
Kerstin Griese erinnerte an die Worte des ehemaligen BundesprĂ€sidenten Johannes Rau, der in seiner Berliner Rede 2000 âOhne Angst und TrĂ€umereien: Gemeinsam in Deutschland lebenâ davon gesprochen hat, dass es darum geht, ohne Angst verschieden sein zu können. Ein Umdenken in den Köpfen der Menschen mĂŒsse stattfinden. âEs geht darum, von klein auf Toleranz, Demokratie und Vielfalt zu lernenâ, so Griese. Die Diskussion mĂŒsse zudem auch nach dem Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses weitergehen. Die ganze Gesellschaft sei aufgefordert, kĂŒnftig toleranter und respektvoller miteinander umzugehen. âWir mĂŒssen uns fragen, was können wir tun, damit sich so etwas wie die NSU-Morde nicht wiederholenâ, so die Bundestagsabgeordnete. Beispielsweise mĂŒssen kĂŒnftig die Projekte, die gegen den Rechtsextremismus kĂ€mpfen, wieder besser finanziell unterstĂŒtzt werden. HierfĂŒr werde sie sich in der kommenden Legislaturperiode vehement einsetzen. Griese und Edathy sprachen sich auĂerdem fĂŒr die EinfĂŒhrung der doppelten StaatsbĂŒrgerschaft aus, damit die Menschen, die zwei Heimaten ihr Eigen nennen, dies auch leben können.