Andrea Nahles und Kerstin Griese kennen sich schon seit ihrer Jugend. Deshalb blicken beide zu Beginn von âKerstin Griese trifft âŠâ im völlig ĂŒberfĂŒllten Saal des Ratinger BĂŒrgerhauses auf gemeinsame Erlebnisse zurĂŒck.
Zu ihrer Juso-Zeit hatten sie gemeinsam in der Bannmeile des Bonner Bundestages gegen den damaligen Asylkompromiss demonstriert, was ihnen eine Strafe einbrachte. AuĂerdem hatten sie als Jusos 1996 zusammen mit israelischen und palĂ€stinensischen Partnerorganisationen das Willy-Brandt-Zentrum Jerusalem gegrĂŒndet, fĂŒr dessen beeindruckende Arbeit sie sich auch heute noch engagieren.Im Mittelpunkt der Diskussion zwischen Andrea Nahles und Kerstin Griese stand die Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik. âGerade jetzt, wo es so gut lĂ€uft, mĂŒssen wir etwas gegen Langzeitarbeitslosigkeit tunâ, sagte Nahles dazu, dass die Arbeitslosenquote gesunken ist und âdie Wirtschaft brummtâ. Kerstin Griese, die als Ausschussvorsitzende fĂŒr diese Themen zustĂ€ndig ist, unterstĂŒtzt die geplanten Programme, insbesondere auch Alleinerziehende bei einem Einstieg in einen Job gezielt zu helfen. Griese und Nahles waren sich einig, dass ein zweiter Arbeitsmarkt dringend nötig sei. Dies bestĂ€tigt auch BĂŒrgermeister Klaus Pesch, der auf die Erfahrungen in Ratingen hinwies.
âFĂŒr die ehrlichen Arbeitgeber ist entscheidend, dass es kein Unterlaufen des Mindestlohn und einen Wettbewerb nach unten gibtâ, sagte die Arbeitsministerin zu der neuen Lohnuntergrenze. âWenn wir nicht kontrollieren, gewinnt am Ende derjenige, der bescheiĂt.â Das sei die historisch gröĂte Sozialstaatsreform seit Jahrzehnten, freute sich Nahles ĂŒber den Erfolg des Mindestlohnes.
âIch Ă€rgere mich darĂŒber, dass das als ungerecht gegenĂŒber der nĂ€chsten Generation dargestellt wirdâ, sagte Andrea Nahles zur Rente mit 63. âIch habe noch keinen getroffen, der seinem Vater oder Opa das nicht gönnt.â
âEs gibt einen neuen Schwung in der Politik fĂŒr Menschen mit Behinderungâ, sagte Kerstin Griese. Jeden könne eine Behinderung treffen, deswegen erhofft sich Nahles viel UnterstĂŒtzung fĂŒr ihre Politik. âAuch Menschen mit Behinderung suchen eine Arbeitsplatz im ersten Arbeitsmarktâ, so Griese.
Ziel von Andrea Nahles ist es, aus der Bundesagentur fĂŒr Arbeit eine Bundesagentur fĂŒr Arbeit und Qualifizierung zu machen. âWir brauchen weniger Leute, die sich den Buckel krumm machenâ, stattdessen wĂŒrden neue Qualifizierungen fĂŒr die Industrie 4.0 gebraucht, die durch zunehmende Digitalisierung entsteht. Es gehe um Arbeit 4.0, und nicht nur um Breitbandausbau. âDie Welle Industrie 4.0 darf nicht einfach ĂŒber die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer rollen.â
In der Diskussion mit dem Publikum sagte Andrea Nahles, dass es zum Handelsabkommen TTIP noch dringenden Verhandlungsbedarf gebe. âEs ist gut, dass es so viele Leute gibt, die sich einmischen. Ich werde die Arbeitsmarktseite im Blick behaltenâ, versprach die Bundesministerin.
âUnser Engagement in der Politik hat etwas mit den christlichen Grundwerten zu tunâ, sagte Kerstin Griese, die in der evangelischen Kirche engagiert ist, wĂ€hrend Andrea Nahles bekennende Katholikin ist. âMich persönlich bewegt es, begleitet mich und gibt mir Kraftâ, so Nahles.
âIch bin froh, dass Andrea Nahles am Vorabend des 1. Mai zu uns gekommen istâ, freute sich Kerstin Griese und erinnert an die engen Kontakte zwischen SPD und Gewerkschaftsbewegung. Lorenz Görtzen erinnert mit einigen Arbeiterliedern zu Beginn und am Ende der Veranstaltung an diese Tradition.