Ein Praktikumsbericht von Sylvia Schmidt
Als Studentin der European Studies ist es natĂŒrlich besonders interessant, Einblicke in das europĂ€ische Politikgeschehen zu bekommen. FĂŒr mich schien dabei gerade die Stelle reizvoll, an der die nationale mit der europĂ€ischen Ebene zusammentrifft.
Somit bewarb ich mich um ein Praktikum bei Kerstin Griese, die als SPD-Bundestagsabgeordnete im Europaausschuss sitzt. Mein Praktikum begann am 7. Januar und somit in einer âNichtsitzungswocheâ â das heiĂt, dass ich mich erst einmal in einer der âruhigerenâ Wochen mit den BĂŒroablĂ€ufen vertraut machen konnte. Zu dieser Zeit waren auch die Mitarbeiter aus Kerstin Grieses Wahlkreis anwesend, sodass ich direkt von dem kompletten Team herzlich begrĂŒĂt worden bin. Und obwohl die Nichtsitzungswochen weniger stressig verlaufen als die eigentlichen Sitzungswochen, fiel auch schon in dieser Zeit einiges an Arbeit an. Das ging vom Beantworten von Briefen, inhaltlichen Recherchen und Zusammenfassen von wissenschaftlichen Berichten bis hin zu der inhaltlichen Vorbereitung der in der Sitzungswoche stattfindenden Veranstaltungen. Dabei zeigte sich schon, wie unterschiedlich und vielfĂ€ltig Kerstin Grieses ZustĂ€ndigkeitsbereiche sind. Ein wĂ€hrend meines gesamten Praktikums sehr prĂ€sentes Thema waren die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Wirtschaftskrise in Europa. Vor allem das Thema Jugendarbeitslosigkeit in den sĂŒdeuropĂ€ischen LĂ€ndern, aber auch die kontrovers diskutierte Frage möglicher Finanzhilfen fĂŒr Zypern standen hier im Mittelpunkt.
Am Anfang der zweiten Woche wurde ich von Kerstin Griese dann auch direkt auf das Planungs- bzw. Neujahrstreffen der Europa-AG der SPD-Fraktion in der Landesvertretung NRW mitgenommen. Von Experten aus Stiftungen und Forschung flankiert wurden aktuelle Probleme erlĂ€utert und diskutiert: Wie könnte ein mögliches Gleichgewicht zwischen Sparpolitik, Wirtschaftsförderung und der Stabilisierung des Sozialstaates in den KrisenlĂ€ndern aussehen? Wie steht es wirklich um die wirtschaftliche Situation Zyperns? Die Wirtschaftskrise ist immer noch omniprĂ€sent in Europa, dementsprechend war sie das auch auf der AG-Sitzung. Es war unheimlich interessant, den Informations- und Meinungsaustausch zwischen Experten und Abgeordneten zu verfolgen, zumal ich dadurch ganz neue Einblicke in die Problematiken erhalten konnte. NatĂŒrlich wird eine solche Sitzung dann spĂ€ter zusammengefasst, genauso wie zu manchen Programmpunkten noch zusĂ€tzliche Informationen herausgesucht werden mĂŒssen.
Die Themenschwerpunkte zogen sich auch in die Sitzung des Europaausschusses hinein, bei dem aber natĂŒrlich auch die Diskussion aktueller Richtlinien der EuropĂ€ischen Kommission und AntrĂ€ge von Abgeordneten im Mittelpunkt standen. Da mich die dort behandelten Themen besonders interessierten, hatte ich auĂerdem die Möglichkeit, viele thematisch relevante Zusatzveranstaltungen zu besuchen und protokollierte diese anschlieĂend.
Eines meiner persönlichen Highlights der zweiten Woche war aber definitiv die Sitzung des Rechtsausschusses: Die Frauenquote stand zur Debatte. Und wer die Diskussion in den Medien nur halbwegs verfolgt hat, weiĂ, wie hitzig dieses Thema diskutiert werden kann. Und genauso geschah es dann auch: Der Sitzungssaal war bis auf den letzten Platz auf der Treppe besetzt und bei jedem Diskussionsbeitrag merkte man, wie sich die GemĂŒter bei diesem Thema erhitzen lieĂen, gerade wenn konservative auf progressive Meinungen trafen. Sehr spannend!
AuĂerdem konnte ich mehrere Male die Plenumssitzungen besuchen, unter anderem, als Wirtschaftsminister Philipp Rösler den Jahreswirtschaftsbericht der Bundesregierung vorstellte, was von hitzigen Reden der Opposition gefolgt war.
Ein weiteres Highlight, und hier hatte ich zeitlich GlĂŒck, war der 22. Januar, der 50. Jahrestag des ĂlysĂ©e-Vertrages. Zur Feier dieses fĂŒr die deutsch-französischen Beziehungen so essentiellen Ereignisses kamen die Abgeordneten der AssemblĂ©e Nationale mit den Abgeordneten des Bundestages zusammen. Der ganze Bundestag befand sich daraufhin im Ausnahmezustand, ĂŒber 1000 Abgeordnete aus beiden LĂ€ndern waren anwesend, sowohl Merkel und Hollande als auch die jeweiligen Fraktionsvorsitzenden beider Parlamente hielten Reden, um diesen groĂen Tag zu feiern.
WĂ€hrend mancher Praktika mag man Kaffee kochen und mit dem Finger schon am Druck-Knopf des Kopierers festgewachsen sein â und wer das erwartet, wird bei Kerstin Griese ziemlich enttĂ€uscht werden. Denn ich kann mich ehrlich gesagt an keinen Tag erinnern, an dem ich fĂŒr einen Moment nichts zu tun hatte. Es kamen immer wieder neue Themen auf den Tisch bzw. ich habe auch selber danach geschaut, bei welchen Themen zusĂ€tzliche Informationen nĂŒtzlich wĂ€ren, diese dann herausgesucht und zusammengefasst. Diese Themenvielfalt, die stĂ€ndig neuen Herausforderungen, die Möglichkeit, sich selbst einzubringen, dazu die tolle Aufnahme in das Team und der Fakt, dass ich direkt mit eingespannt wurde â gerade diese Punkte haben das Praktikum zu einem wirklich interessanten und tollen Erlebnis gemacht. Und dadurch, dass ich den Politikbetrieb in Berlin âliveâ mitverfolgen konnte, habe ich sowohl fĂŒr mein Studium als auch fĂŒr das Berufsleben danach einige Anregungen sammeln können. DafĂŒr möchte ich mich bei Kerstin Griese und ihrem Team ganz herzlich bedanken.

