Warum gibt es „ganz oben in Europa, ganz unten in der Kommune“ eine so geringe Wahlbeteiligung? Dieser Frage ging der Düsseldorfer Politikwissenschaftler Ulrich von Alemann bei „Kerstin Griese trifft …“ in der Ratinger AWO nach.
„Die Bundestagswahlen sind die Hauptwahlen, die anderen sind die Nebenwahlen“, laute eine Theorie in der Wissenschaft. „Bei den Kommunalwahlen ist die Wahlbeteiligung in den Problemstadteilen sehr gering“, dort leben abgehängte Bevölkerungsgruppen, erläuterte von Alemann und wies auf Stadtteile wie Ratingen-West hin. Dort helfe es nicht, sie aufzufordern, wählen zu gehen. Sondern man müsse gegen die soziale Spreizung vorgehen, damit den Menschen dort Perspektiven aufgezeigt werden. „Dort wo eine aktive und langfristige Politik gemacht wird steigt die Wahlbeteiligung“, sagte der emeritierte Professor der Heinrich-Heine-Universität.
„Es gibt eine große Gefahr, dass rechtspopulistische Parteien in das Europaparlament einziehen“, sagte die Ratinger SPD-Abgeordnete Kerstin Griese. „Das ist kein schönes Thema“, bestätigte Ulrich von Alemann. „Der richtig gefährliche Rechtspopulismus bekommt 10, 15, 20 und mehr Prozent“, zeigte der er auf Österreich, Belgien, Frankreich und andere Nachbarstaaten. „Auch 15 Prozent der Menschen in Deutschland haben ausländerfeindliche und intolerante Einstellungen“, allerdings seien Rechtsaußenparteien hier nicht so erfolgreich, weil die Deutschen aus der Geschichte „ein bisschen mehr gelernt“ haben.
„Es geht gegen Zuwanderer, die politischen Eliten und gegen die Europäische Union“, weist Griese auf die verschwimmenden Grenzen zwischen Rechtsextremismus und Rechtspopulismus hin. „NPD und AfD haben ähnliche Slogans“, beschrieb sie den Eindruck, wenn man deren Plakate nebeneinander hält.
Die SPD müsste viel klarer machen, in welchen Grundsatzthemen die Parteien sich unterscheiden. Bei Europa gebe es hingegen viel Gemeinsamkeiten, nur die CSU schere ein bisschen aus. „Die SPD und die Grünen wollen ein sehr viel sozialeres Europa“, plädierte von Alemann für „klare Kante“. Kerstin Griese beschrieb drei Themen, bei der es deutliche Unterschiede gibt: die Finanztransaktionssteuer, die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit und die europaweite Verankerung der Arbeitnehmerrechte.
„Zusammenzusetzen und zu reden ist immer besser als aufeinander zu schießen“, antwortete von Alemann auf Fragen nach der Ukraine-Krise und lobte die Politik von Frank-Walter Steinmeier. Griese sieht die Ostpolitik von Willy Brandt als ein wichtiges Vorbild der Ukrainepolitik des SPD-Außenministers.
Rente und Mindestlohn stoßen auf große Zustimmung in der Bevölkerung, weist Griese auf wichtige Regierungsinitiativen hin, die die SPD angestoßen hat. Trotzdem gewinne die SPD bei den Umfragen nicht hinzu. „Den Abstand zwischen SPD und CDU werdet ihr bei der nächsten Wahl nicht einholen“, prognostizierte Ulrich von Alemann. Die SPD klebe unter 30 Prozent, obwohl sie eine gute Politik gemacht hat. „Warum ist das so? Das kann ein Wahlforscher nicht so einfach erklären. Der Bürger schätzt die Arbeit von Frau Merkel. Selbst bei SPD-Wählern wünschen 30 Prozent Frau Merkel als Kanzlerin. Die ist wie eine Präsidentin, eine Kanzlerin für alle Bürger.“
Ich glaube es ist noch zu früh, die AFD in eine rechtsextreme Ecke zu stellen. Sie hat einen starken Nationalkonservativen Flügel. Doch es gibt da auch andere Strömungen. Man muß sich anschauen, wie sie sich beim Thema Abtreibung und Homo-Ehe positoniert.