„Darf sich die Kirche in die Politik einmischen?“ Das war die wichtigste Frage, über die sich die SPD-Abgeordnete Kerstin Griese und der Oberkirchenrat Martin Engels im Ratinger Haus am Turm ausgetauscht haben. „Wir hatten einen schweren Konflikt, als CDU/CSU bewusst auf eine Mehrheit mit der AfD gesetzt haben“, erinnerte sich Griese an den Brief, den die Beauftragten der beiden Kirchen im Januar an alle Abgeordneten geschickt hatten.
„Dieser Brief war ein wichtiges und starkes Signal, obwohl wir normalerweise nicht in einen Wahlkampf hineingehen“, stellte Engels sich hinter seine Berliner Amtskollegin. Engels ist als Leiter des Evangelischen Büros in Düsseldorf Beauftragter beim Landtag und der Landesregierung NRW. Er war Gast beim Gesprächskreis „Kirche und Politik Niederberg/Ratingen“, zu dem Griese seit 20 Jahren Interessierte aus Gesellschaft und Religion einlädt.

Evangelische Stimmen: Kerstin Griese MdB und Martin Engels, Leiter des evangelischen Büros NRW.
Auch Griese fand die kirchliche Stellungnahme gegen die restriktiven Migrationspläne und die Inkaufnahme einer Mehrheit mit der AfD „nötig und richtig“. In der Union habe das für heftige Konflikte gesorgt, schließlich trage die Partei das „C“ im Namen, sagte Griese. „So etwas darf in dieser Form nicht noch einmal passieren“, unterstrich Engels, der bei seiner Arbeit am Düsseldorfer Landtag auf das „Brückenbauen“ setzt. „Ich trete für die Interessen unserer Kirchen und für die Menschen ein, für die sich unsere Kirchen stark machen“, sagte er und wies damit auf seinen Einsatz für diejenigen hin, „die selber keine Stimme“ haben. „Das ist im gesamten Feld der Migration der Fall.“ Konkret gehe es dabei um das Thema Kirchenasyl und darum, dass ausreisepflichtige Menschen gut behandelt werden.
Kerstin Griese, die dem Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland angehört, betonte, dass ihre Kirche die Pflicht habe, sich in grundsätzliche politische Debatten einzumischen, auch wenn dies auf Widerspruch stoße. Martin Engels beschrieb, dass das kirchliche Engagement auch nicht bei der Tagespolitik halt macht. So streite er beispielsweise für eine bessere Kindergartenfinanzierung und dafür, dass soziale Angebote „bei den Sparzwängen nicht hinten runterfallen“.
Auch der Religionsunterricht ist regelmäßiges Thema der Landespolitik. Griese und Engels waren sich einig, dass muslimischen Schülerinnen und Schülern flächendeckend islamischer Religionsunterricht angeboten werden sollte. „Da erheben wir die Stimme für diejenigen, die keine laute Stimme haben“, sagte Martin Engels im Gespräch mit dem Publikum im evangelischen Haus am Turm.