Entschließungsantrag zum Jugendschutzgesetz
Ein Antrag der Koalitionfraktionen unter der Federführung von Kerstin
Griese (SPD) und Christian Simmert (Grüne)
Der Deutsche Bundestag stellt fest:
- Mit dem Entwurf eines Jugendschutzgesetzes wird den gewandelten Anforderungen
eines Kinder- und Jugendschutzes, besonders angesichts der Entwicklungen in den
neuen Medien, Rechnung getragen. Zu einem effektiven Kinder- und Jugendschutz
gehören neben rechtlichen Bestimmungen, die staatlicher Kontrolle und Sanktion
unterliegen, auch strukturelle und erzieherische Maßnahmen, um Gefährdungen
des körperlichen, geistigen oder seelischen Wohles junger Menschen zu begegnen.
- Die Entwicklung zur Informationsgesellschaft ist mit weitreichenden gesellschaftlichen
Folgen verbunden, auch für Kinder und Jugendliche. Sie müssen die Möglichkeit
haben, die Chancen der Entwicklung in der Informationsgesellschaft wahrzunehmen
- zugleich müssen sie vor Gefährdungen und Beeinträchtigungen geschützt
werden.
- Mehr und mehr können Texte, Bilder und Töne von einem Medium ins
andere konvertiert werden. Ein effektiver Kinder- und Jugendmedienschutz erfordert
deshalb, dass Inhalte, die die Entwicklung junger Menschen gefährden, in
allen Medien mit vergleichbaren medialen Wirkungen Verbreitungsverboten oder Verbreitungsbeschränkungen
unterliegen. Das neue Jugendschutzgesetz eröffnet entsprechend diesen Entwicklungen
Handlungsmöglichkeiten.
- Kinder- und Jugendschutz, Medienerziehung sowie Medienverantwortung gewinnen
in der modernen Medien- und Informationsgesellschaft zunehmende Bedeutung. Die
Entwicklung neuer Medien und Datenträger, der Anstieg der Datenfülle
und Speicherkapazitäten, wie die überaus komplexen Strukturen internationaler
Datenübertragungsnetze, erfordern zusätzliche neue Anstrengungen im
Bereich der Jugendbildung, aber auch des Kinder- und Jugendschutzes. Im Vordergrund
der Bemühungen zur Umsetzung eines wirksamen Kinder- und Jugendmedienschutzes
steht nicht zuletzt die Förderung und Stärkung von Medienkompetenz.
Die Bundesregierung hat die Förderung der Vermittlung und die Stärkung
der Medienkompetenz bereits zu einem Schwerpunkt ihrer medienpolitischen Arbeit
gemacht.
- Durch das neue Jugendschutzgesetz entstehen Verbesserungen für die Arbeit
der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien. Sie erfährt
insbesondere eine administrative Straffung mit dem Ziel der Beschleunigung des
Indizierungsverfahrens, um den unmittelbaren Zugriff auf Angebote in Datennetzen
zu ermöglichen, die Erweiterung der Antragsbefugnis auf im Bereich des Kinder-
und Jugendmedienschutzes tätige Verbände und den Verzicht auf die Bekanntmachung
der Indizierungsentscheidung im Bundesanzeiger, um jugendgefährdenden Angeboten
in Datennetzen nicht zusätzliche Publizität zu verschaffen.
- Entsprechend der langjährigen Forderung der Obersten Landesjugendbehörden
werden Computerspiele künftig den gleichen gesetzlichen Regelungen wie Kinofilme
und Videos unterworfen werden. Computer- und Bildschirmspiele müssen künftig
ebenso wie Kino- und Videofilme mit einer Altersfreigabekennzeichnung versehen
werden. Eltern, Schulen und Jugendeinrichtungen wird so die Auswahl altersgerechter
Medien erleichtert.
- Der Deutsche Bundestag begrüßt, dass sich die Bundesregierung im
Rahmen ihrer Gespräche zur Reform der Medienordnung einvernehmlich mit allen
Ländern auf Eckwerte einer Neuregelung des Jugendmedienschutzes geeinigt
hat. Der Deutsche Bundestag hält es für notwendig, dass die Länder
zeitnah durch einen Jugendmedienschutz-Staatsvertrag die Umsetzung des neuen Jugendschutzgesetzes
ermöglichen.
- Internationale Verpflichtungen müssen dazu beitragen, einen wirksamen
Kinder- und Jugendmedienschutz rechtlich und technisch auch bei Anbietern von
Netzinhalten zu verwirklichen. Die enge Zusammenarbeit und der Informationsaustausch
der im Inland mit der Sicherung des Kinder- und Jugendmedienschutzes und der entsprechenden
Strafverfolgung betrauten Stellen ist Voraussetzung der notwendigen internationalen
Kooperation im Bereich des Kinder- und Jugendmedienschutzes.
- Der Deutsche Bundestag begrüßt die Novellierungen zum Schutz der
Jugend in der Öffentlichkeit, insbesondere das Abgabeverbot von Tabak und
Zigaretten an Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren.
Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf:
- Auch weiterhin die Medienkompetenz von Kindern, Jugendlichen und allen an
ihrer Erziehung Beteiligten zu fördern und zu stärken.
- Zu prüfen, inwieweit Online-Anbieter unterstützt werden können,
wirksame teilnehmerautonome Maßnahmen zum Kinder- und Jugendschutz auch
im Internet zu entwickeln, in Zusammenarbeit mit den Jugendschutzbehörden
zu zertifizieren und kostenfrei zur Verfügung zu stellen.
- Zu prüfen, inwieweit Online-Anbieter unterstützt werden können,
Suchmaschinen für Kinder und Jugendliche zu entwickeln und kosten- und werbefrei
zur Verfügung zu stellen. Kinderportale können ein sinnvoller Weg sein,
um Kinder und Eltern darin zu unterstützen, verantwortungsvoll und kindgerecht
mit dem Angebot im Internet umzugehen.
- Sich angesichts der globalen Vernetzungen für die Schaffung europa-
und weltweiter Mindeststandards des Kinder- und Jugendmedienschutzes einzusetzen
und den UNESCO-Gipfel zur Informationsgesellschaft 2004 zu nutzen, um auf internationaler
Ebene nach Lösungen zu suchen, um Rassismus und Gewaltverherrlichung im Internet
zu verhindern.
13.06.02
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