Berlin

„Ich mache Politik“

Ein Bericht von den Politiktagen in Berlin

Jugend und Politik, passt das zusammen? Na klar, wie rund 7000 junge Menschen aus ganz Deutschland bei den Politiktagen in Berlin unter der Schirmherrschaft von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) bewiesen haben. Da dürfen Jugendliche aus Ratingen, Heiligenhaus, Velbert und Wülfrath freilich auch nicht fehlen, die auf Einladung der Bundestagsabgeordneten Kerstin Griese (SPD) in die deutsche Hauptstadt gereist sind.


Einige TeilnehmerInnen aus Niederberg und Ratingen.

Gegen Mittag machten sich die fünfzehn jungen Menschen aus dem Kreis Mettmann mit dem ICE auf dem Weg, auf welchem sich die meisten erst richtig kennen lernen konnten, da nicht nur Mitglieder der SPD, sondern auch Schülervertreter von Gesamt- und Realschulen aber auch eines Gymnasiums mit von der Partie waren. Nach gut fünf Stunden Fahrt in Berlin angekommen, wurden wir von Fabienne Piepiora in Empfang genommen, die zu diesem Zeitpunkt ein Praktikum bei der SPD-Abgeordneten Kerstin Griese absolvierte. Nachdem die junge Gruppe zunächst in einem Wilmersdorfer Jugendgästehaus ihre Zimmer bezog, ging es zur ersten Veranstaltung der diesjährigen Politiktage, die in der Technischen Universität der Stadt Berlin stattgefunden hat.

Bevor die Podiumsdiskussion mit dem Titel „Mitmachen, einmischen, mitentscheiden“ losging, wurden die Gäste nicht nur von Kerstin Griese persönlich begrüßt. Auch die Bundesministerin für Familien, Senioren, Frauen und Jugend, Christine Bergmann (SPD), ließ es sich nicht nehmen, den fünfzehn jungen Menschen aus dem Kreis Mettmann die Hände zu schütteln. Die Gruppe war sehr positiv überrascht, dass Frau Ministerin Bergmann, deren Ministerium übrigens die Politiktage organisiert hat, offen und herzlich auf uns zu kam und mit uns ein lockeres Gespräch anfing.

In der anschließenden Podiumsdiskussion stellten dann u.a. junge Menschen aus den unterschiedlichsten Teilen Deutschland Projekte vor, wie sie sich politisch engagieren. So erklärte ein vierzehnjähriger sächsischer Schüler wie in seinem Ort die Kinderstadtteilkonferenz funktioniert, niedersächsische Schülerinnen und Schüler zeigten, wie sie Jungwähler auf das Wahlalter ab 16 aufmerksam machen wollten und ein junges Mädchen aus Gera präsentierte wie sie zusammen mit anderen eine Spontandemonstration für ein alternatives Jugendzentrum in die Wege geleitet hat. Wie es der Zufall so wollte, kam es dann auf dieser Veranstaltung auch zur eine solchen Spontandemonstration der Jugendorganisation der Gewerkschaft IG-Medien, die lautstark und verkleidet als Seeräuber auf die ihrer Meinung nach ungerechten Verteilung des Volkseinkommens aufmerksam machen wollten. Dieser Einmarsch wurde vom Auditorium unterschiedlich aufgenommen. Die SPD-Politikerin Christine Bergmann reagierte jedoch souverän und ebenfalls spontan, in dem sie den Sprecher mit ins Podium einladen wollte, der jedoch nur ein kurzes Statement von sich gab, eine selbst erstellte Studie überreichte und wieder verschwand. Im weiteren Verlauf der Podiumsdiskussion wurden auch die Jungpolitikerinnen und Jungpolitiker eingebunden und Fragen gestellt. So beantworte die Sprecherin der jungen SPD-Bundestagsabgeordneten „Youngster“, Kerstin Griese, die Frage, wie man noch mehr junge Menschen zum politischen Mitmachen motivieren könnte, damit, dass sich vor allem Strukturen ändern müssten. So sollten zum Beispiel Vertreter der örtlichen Jugendräte auch Rederecht in den kommunalen Ausschüssen haben.

Im Anschluss an die Podiumsdiskussion eröffnete Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) und Bundesjugendministerin Christine Bergmann (SPD) im Lichthof der Technischen Universität mit einer Würdigung jugendlichen Engagements offiziell die Politiktage in Berlin. Direkt danach verwandelte sich die der Lichthof mit vielen bunten Lichtern und DJ Musik in eine Disco.

Warten vorm Reichstagsgebäude

Am Tag danach ging es in die unterschiedlichsten Workshops von „Schneller, höher, weiter: vom Sinn und Unsinn der PISA-Studie“ bis hin zu „Sicherheitspolitik nach dem 11. September“. Die meisten der eingeladenen fünfzehn jungen Menschen entschieden sich für die Arbeitsgruppe von Kerstin Griese zum Thema „Zu jung zum Erinnern? – Jugendliche und die Nazi-Diktatur“. Die gelernte Historikerin hat sich dabei eine ganz interessante Veranstaltung einfallen lassen, in dem sie zunächst ein Brainstorming und ein kleines Rollenspiel machte, damit sich jeder mit dieser Materie auseinandersetzen konnte. Die jungen Leute haben dabei eine sehr offene und ehrliche Diskussion geführt. Dabei wurde betont, dass gerade Deutschland aus nicht wieder gutzumachenden Fehlern der Vergangenheit gelernt hat und im Grundsatz ein sehr toleranter und offener Staat ist. Dabei hat Deutschland in der Welt eine Vorreiterrolle übernommen. Aber eines ist auch klar geworden, dass sich jedeR an diese Taten erinnern muss und sich gegen jegliche Intoleranz und Ungerechtigkeit gegenüber Minderheiten richten muss. Zur Vertiefung wurde noch ein Video vorgespielt in dem Sinti und Roma, die den Holocaust überlebt hatten, von ihren schrecklichen Eindrücken erzählten.

Auf dem Tagesprogramm stand auch ein Besuch des Amerikahauses, der Kulturabteilung der Botschaft der Vereinigten Staaten von Amerika, wo der Leiter auf englisch die Aufgaben der Einrichtung und des Botschafters erläuterte. Auch stellte er sich recht kritischen Fragen aus dem Plenum die zum einen die Rolle als „Weltpolizei“ oder aber auch Angriffe auf den Irak zum Inhalt hatten. Darauf gab es jedoch zum größten Teil eher diplomatische Antworten.

Zum Abschluss des Tages besuchte die junge Gruppe aus dem Kreis Mettmann den Deutschen Bundestag im Reichtagsgebäude, wo nicht nur Allgemeines zur Arbeit und zum Aufbau des Parlamentes erklärt wurden, sondern auch Kerstin Griese für eine Fragestunde zur Verfügung stand, in der man so einiges aus dem Alltagsleben einer Bundestagsabgeordneten hören konnte. Ein Gang zur Reichstagskuppel durfte natürlich auch nicht fehlen.

Die übrige Zeit konnte die Gruppe selbst gestalten. So führten die einzelnen Teilnehmer und eine Teilnehmerin lockere Gesprächskreise zu sehr verschiedenen Themen, die von politischen, über gesellschaftlichen bis hin zu ganz persönlichen Dingen reichte. Dabei hielten die meisten bis in die frühen Morgenstunden des Folgetages aus. Die Atmosphäre in der Gruppe war sozial und freundschaftlich geprägt, obwohl sich die meisten gerade mal einen Tag lang kannten.

Am Abreisetag – der mit einer kleinen Rundfahrt durch Berlin enden sollte – konnten die fünfzehn jungen Menschen aus Ratingen, Heiligenhaus, Velbert und Wülfrath mit dem Einruck eines schönen und erlebnisreichen Aufenthalt in der deutschen Hauptstadt die Heimfahrt antreten. An dieser Stelle deshalb noch mal herzlichen Dank an Kerstin Griese.

Erik Amaya, Ratingen

„Politiktage“ – ein persönlicher Kommentar von Stefan Gämlich

Politiktage

http://www.politiktage.de/

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17.4.02

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