Berlin | Reden

„Lebensnahe Lösung für ganz junge Eltern“

Kerstin Grieses Rede am 5. Juni 2008 in der ersten Lesung über die Änderung des Elterngeld- und Elternzeitgesetzes

Kerstin Griese (SPD):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zwei Anmerkungen vorneweg. Erste Bemerkung: Liebe Ekin Deligöz, es sind zwar kleine Änderungen; aber es sind Änderungen, die den Menschen im realen Leben helfen. Deshalb wird das Gesetz dadurch besser.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Meine zweite Anmerkung: Herr Wunderlich, wenn eine Meisterschaft im Versprechen-Abgeben ausgerufen würde, wären Sie mit den 157 Milliarden Euro ‑ diese Summe umfassen die Versprechen der Linkspartei; diesen Geldsegen würden Sie gern verteilen ‑ schon jetzt der Gewinner. Im Versprechen-Abgeben sind Sie die Größten, eine Gegenfinanzierung haben Sie allerdings nicht.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir reden heute über etwas Erfolgreiches. Dass Sie das stört, kann ich verstehen; nichtsdestotrotz ist das Elterngeld ein großer Erfolg. Wir von der SPD sind froh, dass wir unseren Koalitionspartner davon überzeugen konnten.

(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir haben das Elterngeld gemeinsam verwirklicht. Darauf können wir stolz sein. Ich sage das ausdrücklich; damit alle Seiten klatschen können.

Die Zustimmung in der Bevölkerung ist enorm: Zwei Drittel der Bevölkerung halten das Elterngeld für eine gute Sache. Sicherlich nicht nur durch dieses Gesetz – auch durch viele andere Maßnahmen –, aber auch durch dieses Gesetz wurde der Geburtenrückgang zum ersten Mal seit 1990 gestoppt. Bei den Männern gibt es ein Umdenken. Vielleicht haben diejenigen, die früher einmal von einem Wickelvolontariat gesprochen haben, dazugelernt. Bereits im letzten Quartal des letzten Jahres ging jede achte Bewilligung des Elterngeldes an einen Mann. Zwei Drittel dieser Väter haben zwei Monate lang Elterngeld in Anspruch genommen. Knapp jeder fünfte dieser Väter ist sogar für zwölf Monate ganz oder teilweise aus dem Beruf ausgestiegen, um sich um das Kind zu kümmern. Es findet also ein echtes Umdenken in der Gesamtbevölkerung statt: bei den Männern und auch in der Wirtschaft. Eine aktuelle Umfrage zeigt, dass das Verständnis der Personalverantwortlichen für Familien deutlich gestiegen ist. 61 Prozent befürworten es, wenn auch Väter Elternzeit nehmen. Das waren vor ein paar Jahren noch viel weniger. Alles in allem ist die Bilanz des Elterngeldes erfolgreich.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Es ist schon gesagt worden: Wir werden zum 1. Oktober 2008 eine umfassende Evaluation erhalten. Das ist auch gut so. Nichtsdestotrotz kann man einige Dinge schon vorher ändern.

Ich will mich ganz ausdrücklich beim Diakonischen Werk des Evangelischen Kirchenbezirks Baden-Baden und Rastatt bedanken; denn wir wurden vor etwas über einem Jahr, im April 2007, mit einem Brief an unsere Kollegin Nicolette Kressl darauf aufmerksam gemacht, dass es in der Tat das Problem gibt, dass keine Großelternzeit mehr möglich ist. Vonseiten der SPD haben wir uns dann sehr schnell für die Wiedereinführung der Großelternzeit stark gemacht. Ich sage ganz ehrlich: Wir hätten das gerne noch schneller auf den Weg gebracht –  wir haben häufig darüber gesprochen; es gab aber viel abzustimmen, auch mit dem Bereich Bildung –; denn wir wollen, dass Großeltern in dieser Notsituation einspringen können. Wir wollen, dass Großeltern eine Auszeit nehmen können mit der Garantie für eine Rückkehr in ihren Job, wenn ihre Kinder Eltern werden und sie ihre Enkelkinder betreuen wollen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich glaube, diese Änderung entspricht der Lebenswirklichkeit. Es geht um Teenager, die selber Eltern werden.

Daneben wollen wir, dass die jungen Eltern, die in der Schule, in der Ausbildung oder vielleicht sogar schon im Studium sind, ihren Abschluss machen können; denn wir wissen, dass die beste Prävention von Kinderarmut – wir reden viel über Kinderarmut, auch heute Morgen hier im Parlament – die Erwerbstätigkeit der Eltern ist. Erwerbstätig kann man nur sein, wenn man einen Schul- und Ausbildungsabschluss hat.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir haben diese Regelung auch deshalb eingeführt, um Teenagern in dieser schwierigen Situation wirksam helfen zu können. Heute werden etwa sechs von 1000 13- bis 17-jährigen Mädchen in Deutschland schwanger. Etwa drei von diesen Mädchen, also die Hälfte, bekommen ein Kind. Die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche in der gleichen Altersgruppe ist ein klein wenig höher als die der Geburten. Wir sprechen über etwas mehr als 7 000 Kinder von 13- bis 17-jährigen Teenagern, die in Deutschland pro Jahr geboren werden. Diese Teenager können die Hilfe ihre Eltern mit der neuen gesetzlichen Regelung leichter in Anspruch nehmen. Hinzu kommen noch diejenigen, die schon volljährig sind, aber vor ihrem 18. Geburtstag mit einer Ausbildung begonnen haben. Auch für sie ist diese neue Regelung im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz positiv.

(Beifall des Abg. Johannes Singhammer [CDU/CSU])

Fakt ist also: Wir verbessern die Möglichkeiten im Rahmen der Elternzeit weiter und schaffen eine lebensnahe Lösung für ganz junge Eltern, wodurch ihnen geholfen wird, Schule und Ausbildung zu Ende zu machen. Damit helfen wir den Familien ganz konkret. Ich bitte Sie alle nicht nur um Zustimmung, sondern auch um zügige Zustimmung, damit diese wirklich gute Lösung sehr schnell in Kraft tritt und die Großeltern, die es wollen und können, ihren Kindern und Enkelkindern gleichermaßen helfen können.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

6.6.08

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