Berlin

Der lange Abschied vom Zivildienst

Jugendfreiwilligendienste müssen gestärkt werden

Berliner Republik: Der lange Abschied vom Zivildienst

„Wir wollen keinen Pflichtdienst, sondern dafür sorgen, dass sich junge Menschen verantwortlich fühlen, sich fürs Gemeinwohl zu engagieren“, fassen Kerstin Griese und Harald Schrapers ihre Position in aktuellen Debatte um den auslaufenden Wehr- und Zivildienst zusammen. In einem Artikel für die Berliner Republik schlagen sie vor, jedem jungen Menschen über die Schule eine Freiwilligenstelle anzubieten, die seinen Bedürfnissen entspricht. „Viele junge Männer und Frauen möchten sich engagieren und können in einem sozialen Jahr Erfahrungen sammeln, die ihnen später bei der Berufswahl neue Perspektiven ermöglichen.“

Aus dem Freiwilligen Sozialen Jahres (FSJ) dürfe keinesfalls ein Dienst zweiter Wahl werden, betonen Griese und Schrapers. Ein Konzept des Familienministeriums, das die Einführung eines privilegierten freiwilligen Zivildienstes vorsieht, ist selbst innerhalb der Union umstritten. So setzt sich die CSU dafür ein, die Jugendfreiwilligendienste in gleicher Höhe wie den freiwilligen Zivildienst zu fördern. Die rheinland-pfälzische Sozialministerin Manu Dreyer (SPD) möchte die Chance zu nutzen, eine einheitliche Struktur zu schaffen. „Man sollte alle Dienste in einer Säule integrieren und so ausgestalten, dass sie für die Jugendlichen auch attraktiv sind.“

In vielen Einsatzbereichen seien die Zivildienstleistenden kaum verzichtbar, auch wenn sie keine regulären Arbeitsplätze ersetzen, schreiben Kerstin Griese und Harald Schrapers in der Berliner Republik. „Von ihnen hängt gar nicht so sehr die fachgerechte Versorgung älterer, pflegebedürftiger oder behinderter Menschen ab. Vielmehr sorgen Zivildienstleistende für mehr Lebensqualität, für einen sozialen Mehrwert, für Spielen und Reden, Basteln und Einkaufen, oft einfach für Zeit und Zuwendung.“ Zwar sei der Zivildienst, der soeben von neun auf sechs Monate verkürzt wurde, ein Pflichtdienst. „Er ist aber nur erfolgreich, wenn sich die jungen Männer bewusst für die zu leistende Tätigkeit entscheiden. Gerade bei vielen sozialen Tätigkeiten, etwa im Pflegesektor, ist die Freiwilligkeit der Entscheidung unabdingbar.“

Berliner Republik 4/10

4.10.10

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