Berlin

Umverteilung ist nicht genug

Wer armen Kindern helfen will, muss sich für einen Sozialstaat einsetzen, der vorsorgt und in Notlagen energisch eingreift

Kerstin Griese und Harald Schrapers: Gute Chancen für alle Kinder (Berliner Republik 1/08)

Die Familienausschussvorsitzende Kerstin Griese fordert, dass Arbeitslosengeld-II-Empfänger ein Schulstarterpaket für ihre Kinder bekommen. „Mit einem Gutschein über 150 Euro erhalten die Kinder wenigstens materiell einen guten Schulanfang“, schreibt die Bundestagsabgeordnete in einem Beitrag für die Berliner Republik. Lernmittelfreiheit, kostenfreie Frühstücksangebote und gesunde Mittagessen in Kitas und Schulen seien weitere dringend notwendige Bausteine, um die Kinderarmut zu verringern.

Eine Erhöhung des Regelsatzes beim Arbeitslosengeld II würde die Armutsrisiken der Kinder hingegen nicht mindern, so Griese. „Wenn man Armut an ihrer Wurzel bekämpfen will, gibt es nur zwei Lösungen: Erstens Erwerbsarbeit für die Eltern und zweitens bessere Bildung beziehungsweise mehr Infrastruktur für die Kinder. Höhere Transferleistungen sorgen weder für das eine noch für das andere.“

Kerstin Griese betont: „Der deutsche Sozialstaat sorgt im internationalen Vergleich für beträchtliche materielle Umverteilung.“ Schmerzhafte Einschnitte in unser Sozialsystem seien dagegen im Personalbereich zu verzeichnen, „etwa wo durch Stelleneinsparungen Effizienzsteigerungen erzielt werden sollten.“ Ein modernes Gemeinwesen, das seinen Zusammenhalt bewahren will, komme ohne einen starken, zupackenden und gut ausgestatteten Sozialstaat nicht aus, so die SPD-Familienpolitikerin.

„In Zukunft wird es noch mehr darauf ankommen, dass tatsächlich genügend Menschen zur Verfügung stehen, die sich kompetent, einfühlsam und mit ausreichend Zeit um Kinder und Jugendliche, aber auch um diejenigen Eltern kümmern, die Unterstützung brauchen.“ Genau deshalb sei so manche Sparaktion im Bereich der vorbeugenden Kinder- und Jugendhilfe in den vergangenen Jahrzehnten ein gravierender Fehler gewesen. „Infrastruktur für Kinder ist ohne Personal sinnlos“, schreibt Kerstin Griese in dem zusammen mit Harald Schrapers verfassten Aufsatz.

Mit dem Heft 1/08 der Berliner Republik gehören erstmals auch die Minister Peer Steinbrück, Frank-Walter Steinmeier und Wolfgang Tiefensee sowie Ministerpräsident Matthias Platzeck zum Herausgeberkreis der Zeitschrift, die 1999 von den Abgeordneten des Netzwerks Berlin ins Leben gerufen wurde. Das Schwerpunktthema, in dessen Rahmen auch Griese und Schrapers ihren Artikel veröffentlicht haben, heißt „Kindheit in Deutschland 2008“. „Bemerkenswert ist der Artikel von Franz Müntefering, der seit letzter Woche Mitglied des Bundestagsfamilienausschusses ist und den Zusammenhalt der Generationen in den Mittelpunkt seiner politischen Aktivitäten gestellt hat“, so Griese. „Kinder in der alternden Gesellschaft“ lautet die Überschrift des Müntefering-Aufsatzes.

WAZ: Müntefering mischt sich in Kinderfragen ein
Welt: Comeback als Familienpolitiker
Berliner Republik: Kinder in der alternden Gesellschaft

4.2.08

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