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„Der schönste Job der Welt“

Die Rheinische Post portraitiert Kerstin Griese

Auf dem Wülfrather Rathausdach.

„Zusammenarbeit mit dem Linksbündnis wird es mit mir nicht geben.“ Kerstin Griese (38) unterstreicht ihre klare Absage mit Stichworten: Populismus, gefährliche Gaukelei mit Illusionen. Sie weiß, über wen sie spricht. Mit 19 Jahren war sie in die SPD eingetreten, Oskar Lafontaine war einmal auch ihr Vorsitzender. Die Bundestagsabgeordnete (seit 2000) hat Geschichte und Politikwissenschaften studiert, politische Erfahrungen als ASTA-Vorsitzende und bei den Jusos gesammelt. Auch eine große Koalition ist kein Thema. Sie setzt auf die Karte SPD. „Die muss so stark wie möglich werden. Von den angestoßenen Reformen ist sie überzeugt, auf dem Weg seien allerdings auch Fehler gemacht worden. „Ich habe aber das Gefühl, unsere Argumente dringen langsam durch.“ Und so hofft die Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend auf eine spannende Aufholjagd.

Mit Platz 8 auf der Landesliste ist ihr der Einzug in den nächsten Bundestag nahezu gewiss, aber sie hat den Ehrgeiz, ihren Wahlkreis zu gewinnen. „Abgeordneter ist der schönste Job der Welt“, schwärmt Kerstin Griese. Interessante Leute kennen lernen und mit gestalten können, das mache Freude, auch wenn nicht selten eine 70-Stunden-Arbeitswoche dabei heraus komme. Sie sei froh, aus der Großstadt (Düsseldorf) in den Kreis Mettmann gewechselt zu sein. „Hier ist es bodenständiger. Es gibt mehr Kommunikation. Die Probleme sind besser zu sehen. Die Resonanz ist größer, es gibt mehr Rückmeldungen“, beschreibt sie die Vorteile. Ihr Wertegerüst basiere auf den Erfahrungen, die sie in der evangelischen Jugendarbeit gewonnen habe. Ehrenamtliches Engagement habe sie dort schätzen gelernt. Damit gebe es viele Schnittpunkte bei ihren Themen Jugend/Familie/Senioren, zum Beispiel in den Wohlfahrtsverbänden, mit denen sie regen Kontakt halte.

Auch wenn Kerstin Griese in ihrer politischen Arbeit aufzugehen scheint, in der kargen Freizeit steht „Freunde treffen“ ganz oben. Sie strahlt, wenn sie an die Tage denkt, die sie im Frühjahr mit zwei Freundinnen aus dem Studium in Holland verbrachte. „Den Draht behalten ist ganz wichtig. Das ist die Erdung, die man braucht.“ Griese: „Es ist wichtig, nach Hause zu kommen.“ Was dabei im letzten Jahr zu kurz gekommen ist, waren sportliche Betätigungen. Nicht nur Walken und Schwimmen, auch das bevorzugte Radfahren blieben auf der Strecke. Vor dem Einschlafen noch in einem Krimi schmökern, das hat sie allerdings noch geschafft. Heute greift sie vielleicht zu einem Kochbuch, denn „Promi-Kochen“ im Wülfrather Altenheim steht an. Was sie zubereitet, weiß sie noch nicht. Aber „irgendwas Rotes“ sollte es schon sein.

Ihre Themen in die Bevölkerung zu tragen und mit den Bürgern zu diskutieren, ist der Vorsitzenden des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend besonders wichtig. Und dass ihr das auf breiter Basis gelingt, stellt Kerstin Griese an die Spitze ihrer Bilanz. Die SPD-Bundestagsabgeordnete hat in der zu Ende gehenden Legislaturperiode zu vielen Menschen und Vereinen Kontakt aufgenommen und gehalten. „Meine Sommertour hat dabei sehr geholfen“, sagt sie. Bei ihren Gesprächsrunden „Kerstin Griese trifft ...“ brachte sie Bürger mit Politikern und anderen Fachleuten zusammen. Die Vernetzung ihrer Arbeit in Berlin mit Menschen und Vereinen in ihrem Wahlkreis sei ihr besonders wichtig. So lud sie Gruppen aus Schülern, Auszubildenden, Gewerkschaften und Jugendorganisationen sowie Vertreter von Familien- und Elternverbänden und Jugendamtsvertretern in die Hauptstadt ein.

„Gefreut hat mich, dass Wülfrath bei der Einführung der offenen Ganztagsgrundschule sofort dabei war.“ Noch im Aufbau begriffen sind ihre „Lokalen Bündnisse für Familien“. In Velbert stehe die Gründung bevor, in Wülfrath sei sie geplant. Auch die großen Firmen in ihrem Wahlkreis hat Griese fast alle besucht. Eins der Unternehmen, das noch fehlt, ist Esprit in Ratingen.

von Jochen Delphendahl, Rheinische Post Wülfrath (24.8.05) und Ratingen (25.8.05)

Rheinische Post

25.8.05

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