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Menschen stärken, Wege öffnen

Für ein neues Grundsatzprogramm der SPD

Impulse. Für ein neues Grundsatzprogramm der SPD

Frankfurter Allgemeine: Studiengebühren und Heimat
taz: Die neue Spaßpartei
Stern: Interview mit Sigmar Gabriel und Heiko Maas
Deutschlandfunk: Interview mit Kurt Bodewig

45 Seiten umfasst der Grundsatzprogramm-Impuls, den das Netzwerk Berlin verfasst hat. Kerstin Griese, eine der Sprecherinnen des Netzwerkes, zeigte sich bei der Vorstellung des Textes überzeugt, damit eine wichtige Arbeit geleistet zu haben. „Die Sozialdemokratie muss den Menschen zeigen, dass sie auch langfristige Ziele und Visionen besitzt.“

Bereits 1999 hatte der Bundesparteitag eine Programmkommission zur Erarbeitung eines neuen Grundsatzprogramms eingerichtet, die von Rudolf Scharping geleitet wurde. „Leider hat diese Kommission ihre Arbeit im Frühjahr 2002 ergebnislos abgebrochen“, stellt Griese fest. „Jetzt bemühen sich eine vom Generalsekretär eingesetzte Redaktionsgruppe und wir als Netzwerk um eine Wiederbelebung der Programmdebatte.“ Sie kann nicht erkennen, dass die Bemühungen der beiden Gruppen im Gegensatz zueinander stehen. „Ich finde es wichtig, dass in der SPD an möglichst vielen Orten über die Grundsatzprogrammatik diskutiert und gestritten wird.“

Die 36-jährige Vorsitzende des Familien- und Jugendausschusses verteidigt die Vorschläge des Netzwerks zur Bildungsfinanzierung. „Ich halte es für ein Problem, dass Kindertageseinrichtungen Gebühren kosten. Wir wissen doch spätestens seit der Pisa-Studie, wie wichtig Bildung und Förderung gerade für die ganz Kleinen sind.“ Deswegen fordere das Netzwerk, dass Kindergärten und Kitas langfristig kostenfrei werden müssten. „Und wir denken darüber nach, ob diejenigen Akademiker, die gebührenfrei studiert haben, etwas zu Bildungsfinanzierung beitragen, wenn sie selbst gut verdienen. Das wäre auch ein Stück soziale Gerechtigkeit.“

Kerstin Griese, ehemalige AStA-Vorsitzende in Düsseldorf, lehnt Studiengebühren, die von der Aufnahme eines Studiums abschrecken, dagegen grundsätzlich ab. „Wir brauchen mehr Studierende und insbesondere auch mehr Abiturientinnen und Abiturienten.“

Voraussetzung dafür, dass überhaupt mehr Gelder in die Hochschulen fließen, seien tiefgreifende Reformen. „Es kann nicht sein, dass Beiträge der Akademiker in einen unbeweglichen Beamtenapparat fließen.“ Die Hochschulen müssten sich ihrer Dienstleistungsfunktion bewusst werden und das althergebrachte Beamtentum habe sich insbesondere im Bildungsbereich überlebt, zitiert Griese aus dem Netzwerk-Papier. „Beamtenrechtliche Regelungen müssen auf hoheitliche Tätigkeiten, insbesondere Justiz und Polizei, beschränkt werden.“

Kerstin Griese zeigt sich erfreut, dass die Familienpolitik einen breiten Raum in dem Programmentwurf einnimmt. „Wir wollen ein kinderfreundliches Deutschland und setzen auf mehr Unterstützung für das Zusammenleben mit Kindern.“ Familienpolitik dürfe sich nicht in finanziellen Hilfen erschöpfen. „Wichtiger sind mehr und bessere Kinderbetreuungsmöglichkeiten, um Kinder frühzeitig optimal zu fördern.“ Dies helfe zugleich bei der besseren Vereinbarung von Familie und Beruf, erklärt die Mitautorin des Netzwerk-Papiers.

Das Netzwerk geht in seinem Programmentwurf auch auf den umstrittenen Begriff des „Demokratischen Sozialismus“ ein. „In Abgrenzung zu den totalitären Systemen im Ostblock war das unsere Vorstellung einer freiheitlichen Demokratie“, erläutert Griese. Nach dem Fall der Mauer habe der Begriff zwar an „Strahlkraft“ verloren. „Aber das, wofür er immer gestanden hat, bleibt für die Sozialdemokratie eine unbedingte Verpflichtung“, so das Netzwerk.

Der Grundwert der Gerechtigkeit müsse auch in einem neuen Grundsatzprogramm eine zentrale Rolle spielen. „Gerechtigkeit ist mehr als gleiche Rechte und die Gleichheit der Startchancen“, unterstreicht die Netzwerk-Sprecherin. Familie, Arbeitsplatz und Heimat seien die Lebensorte, die die Menschen zusammenführen. „Gerade an diesen Orten muss allen die Chance der Teilhabe gegeben werden. Das ist die Voraussetzung für den sozialen Zusammenhalt. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten setzen auf die Fähigkeit und Bereitschaft der Menschen zu Freiheit und Verantwortung. Wir wollen erreichen, dass jeder Mensch immer neu die Chance zur Teilhabe an der Arbeit und den Möglichkeiten der Gesellschaft hat.“


Netzwerktreffen zur Vorbereitung des Bundesparteitages: Sigmar Gabriel, Kerstin Griese MdB und Christian Lange MdB.

Bundesparteitag im November

Die „Netzwerker“ versuchen, das Scheinwerferlicht auf die eigentlichen Reformen zu lenken, schreibt die Rheinische Post (RP). „Am Rande einer Klausurtagung zum künftigen Parteiprogramm formulierten die vorwiegend jungen SPD-Abgeordneten ein neues Papier, das Punkt für Punkt die Reformnotwendigkeiten mit griffigen Begründungen aufarbeitet. Das ,deutsche Dilemma‘ heißt es da etwa, bestehe darin, dass mehr als 114 Milliarden für Schuldendienst und Rentenzuschüsse ausgegeben werden müssten, für Investitionen in Bildung und Forschung deshalb nur noch 12 Milliarden übrig blieben. ,Wer nur noch so wenig in entscheidende Zukunftsfelder investieren kann, schafft weder Gerechtigkeit noch Fortschritt.‘ Die Lesart der Einzelpunkte: Statt Verteidigung zupackende Entschlossenheit mit dem Argument, dass es anders nicht geht.“

„Wir müssen aufhören, uns zu zerfleischen und wieder konstruktiv arbeiten“, wird Kerstin Griese in der RP zitiert. „Deshalb hätten sie auch begonnen, ihren Aufruf im Vorfeld des Parteitages auf eine breite Basis abzustützen. Zielgruppe ist laut Griese ,die schweigende Mehrheit in der SPD, die will, dass das wieder vernünftig läuft.‘ Dafür haben die ,Netzwerker‘ auch umgehend die Unterstützung etwa von NRW-Landesparteichef Harald Schartau oder Niedersachsens Fraktionschef Sigmar Gabriel erhalten. Griese und Genossen wollen in den nächsten Wochen die ,konstruktiven Kräfte‘ mobilisieren.“ Außerdem unterstützen Ex-Verkehrsminister Kurt Bodewig sowie die StaatssekretärInnen Hans Martin Bury, Barbara Hendricks, Christoph Matschie und Ute Vogt den Aufruf

Aufruf „Die neue SPD“

Die Vision vom sozialen Sozialstaat

9.11.03

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