Berlin

Kulturelle Bildung für Kinder und Jugendliche

Kulturpolitische Schnittpunkte und politische Gestaltungsvorschläge

von Kerstin Griese

Die Themen und Forderungen der Enquete-Kommisison „Kultur in Deutschland“ bilden an vielen Punkten Schnittpunkte zu den Ansätzen der Kinder- und Jugendpolitik in der aktuellen Diskussion. Darüber hinausgehend ist aber eine ressortübergreifende Diskussion nötig, wie gerade Kindern und Jugendlichen bessere Zugänge zu Kultur und zu eigenem kreativen Engagement ermöglicht werden können. Kinder und Jugendliche brauchen Chancen, damit ihre eigenen Ausdrucksmöglichkeiten geweckt werden, auch das ist Voraussetzung für demokratische Teilhabe an der Gestaltung der Zukunft.

Es zeigen sich besonders in drei Bereichen Ansatzpunkte, die sich auch in der parlamentarischen Beratung vom Vorhaben des Bundestagsjugendausschusses niederschlagen. Die Kinderkommission des Bundestages hat zudem 2007 einen Schwerpunkt beim Thema Kulturpolitik gesetzt.

Auf den Anfang kommt es an: Frühe Chancen für Kinder

Einen Schwerpunkt der Arbeit wird die Beratung des Kinderförderungsgesetzes (Kifög) bilden, das die Rahmenbedingungen für den weiteren Ausbau der Kindertagesbetreuung für Unter Dreijährige regeln soll. Bund, Länder und kommunale Spitzenverbände haben sich auf dem „Krippengipfel“ im April 2007 darauf verständigt, bis zum Jahr 2013 schrittweise ein bedarfsgerechtes Betreuungsangebot für bundesweit durchschnittlich 35 Prozent der Kinder unter drei Jahren aufzubauen. Der Bund beteiligt sich an den Investitionskosten für die Ausbauphase bis 2013 mit 2,15 Mrd. Euro, zusätzlich bis 2013 mit 1,85 Mrd. Euro und ab 2014 jährlich mit 770 Mio. Euro an den Betriebskosten. Neben dem Ausbau ist Kernstück der Änderungen die Einführung eines Rechtsanspruchs auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege für Kinder ab dem ersten Geburtstag zum 1. August 2013. In diesem Zusammenhang wird auch die Qualität der Angebote diskutiert. Wir wollen Qualitätsstandards sowohl in der Kinderbetreuung in Einrichtungen als auch in der Tagespflege (durch Tagesmütter oder Tagesväter) sicherstellen. Die Forderungen der Enquetekommission, kulturelle Bildung in der Früherziehung zu fördern und die langfristige Zusammenarbeit von Kitas mit Kultur- und Bildungseinrichtungen zu ermöglichen, spielen dabei eine Rolle. Ziel der kinder- und familienpolitischen Initiativen im Bundestag ist, allen Kindern von Anfang an gleiche Chancen und einen Zugang zu Bildung zu ermöglichen. Dies ist umso dringender nötig, als wir wissen, dass in Deutschland die Bildungschancen eines Kindes immer noch stark von der sozialen Herkunft abhängen. Deshalb wird es beim Ausbau der Kinderbetreuung entscheidend darauf ankommen, dass Länder und Kommunen in ihrer Ausgestaltung ganzheitliche Ansätze in der Bildungs-, Erziehungs- und Betreuungsarbeit fördern, die kulturelle Bildung einschließen. Dazu gehören auch kostenfreie Besuche von Kultureinrichtungen und die Sicherung öffentlicher Bibliotheken. Einen Schwerpunkt bildet auch das frühe Erlernen der deutschen Sprache, das durch den Ausbau der Kinderbetreuung gefördert werden soll, damit alle Kinder die frühe Förderung erfahren, die sie brauchen.

Mitmischen ist angesagt: Partizipation von Jugendlichen

In zahlreichen Projekten fördert der Bund die Partizipation von Jugendlichen. Bundesjugendministerium, Bundesjugendring und die Bundeszentrale für politische Bildung tragen gemeinsam das Aktionsprogramm „Nur wer was macht, kann auch verändern“ (www.du-machst.de), das kürzlich im Bundestagsjugendausschuss diskutiert wurde. Dabei sollen auch bildungsferne Jugendliche besonders angesprochen werden, sich einzumischen und zu engagieren. Auf einem großen Festival für junge Politik und junge Kultur vom 13. bis 15. Juni 2008 werden Tausende von Jugendlichen zu Workshops, Diskussionen, Kultur und Konzerten zusammen kommen.

Seit einigen Jahren gibt es die Möglichkeit des Freiwilligen Sozialen Jahres (FSJ) im Bereich Kultur, die von vielen Jugendlichen genutzt wird. Hier ist der Bedarf immer noch größer als das Angebot. Auch im letzten Jahr wurde der Etat für das FSJ erhöht. Nach einer öffentlichen Anhörung im November 2007 hat der Ausschuss das Gesetz zur Förderung von Jugendfreiwilligendiensten abschließend beraten. Mit dem neuen Freiwilligendienstegesetz wird der Rahmen des Engagements verbessert und wurden weitere flexible Möglichkeiten geschaffen. Der Bundestagsausschuss hat besonders darauf hingewiesen, dass verstärkt MigrantInnenorganisationen für die Zusammenarbeit mit den bewährten Trägern des FSJ gewonnen werden sollen. Damit sollen auch interkulturelle Projekte gestärkt werden.

Gute Seiten – schlechte Seiten: Medienkompetenz stärken

Auch wenn die Enquetekommission das Thema Jugendmedienschutz nur am Rande behandelt hat, soll es hier erwähnt werden. Die Beratung der Evaluation des Jugendschutzgesetzes aus dem Jahr 2003, mit dem der Jugendschutz besonders in den Neuen Medien verbessert werden sollte, wird eine wichtige Rolle spielen. In einem ersten Schritt wird zunächst beraten, den Katalog der schwer jugendgefährdenden Trägermedien, die kraft Gesetzes indiziert sind, im Hinblick auf Gewaltdarstellungen zu erweitern und die im Gesetz genannten Indizierungskriterien in Bezug auf mediale Gewaltdarstellungen zu präzisieren. Außerdem soll die Mindestgröße und Sichtbarkeit der Alterskennzeichnungen auf Filmen und Unterhaltungssoftware gesetzlich festgeschrieben werden. Darüber hinaus wird sich der Ausschuss ausführlich mit dem Jugendschutz in den online-Medien befassen. Dabei spielt die Stärkung der Medienkompetenz von Kindern und Jugendlichen sowie ihrer Eltern eine besonders wichtige Rolle. Im Zeitalter von Medienkonvergenz und Internationalität wird es nicht mit Verboten, sondern mithilfe von Aufklärung, Kompetenz in Mediennutzung und eigenen Erfahrungen in der Erstellung von Medien und im Umgang mit Informationsvielfalt erfolgreich sein, Kindern und Jugendlichen einen altersgemäßen und sicheren Weg durchs Internet zu gewährleisten.
Auch hier zeigt sich wieder, dass sich frühe und altersgerechte Förderung von Kindern und Jugendlichen als roter Faden durch die politischen Gestaltungsvorschläge ziehen muss.

aus Politik und Kultur – Zeitschrift des Deutschen Kulturrates 3/08, Seite 10

Politik und Kultur

6.5.08

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