Berlin

„Ach ja, der Sozi an sich ist immer gegen die da oben“

Die SPD-Politikerin Kerstin Griese bezieht in der Westdeutschen Zeitung (WZ) Kreis Mettmann eindeutig Stellung gegen die Linkspartei, will aber um deren Wähler kämpfen. Die Probleme in Hessen sind für sie das Dilemma.

Frau Griese, was ist los mit der SPD?

Griese: Inwiefern?

Im Verhältnis zur Linkspartei zum Beispiel. Da ist von namhaften Sozialdemokraten eine wahre Kakophonie zu hören. Die einen sind für Kooperation, die anderen dagegen.

Griese: Ich habe immer gesagt, dass wir um die Wähler der Linkspartei kämpfen müssen. Wir dürfen uns ihr nicht als Koalitionspartner anbieten.

So etwas ähnliches zeichnet sich jetzt aber in Hessen ab.

Griese: Ich halte das für einen Fehler. Johannes Rau hat einmal gesagt, man muss tun, was man sagt, und sagen, was man tut. Gegen diesen Grundsatz verstößt die hessische SPD. Sie hat vor der Wahl jede Zusammenarbeit mit der Linken ausgeschlossen.

Und die Bundes-SPD kriegt Frau Ypsilanti nicht in den Griff.

Griese: Auf Bundesebene sind da noch einige Dinge zu klären.

Der Bundesvorstand Ihrer Partei wirkt auf viele hilflos. Empfinden Sie das auch so?

Griese: Hessen ist das Dilemma der SPD. Die Diskussion schwappt nach ganz Deutschland über, natürlich auch nach Nordrhein-Westfalen. Dass das täglich diskutiert wird, belastet uns.

Fehlt es Ihren hessischen Genossen an Disziplin und Parteigehorsam? Für die CDU ist solch eine Diskussion kaum vorstellbar.

Griese: Ach ja, der Sozi an sich ist immer gegen die da oben. Wir leben nicht in Zeiten von Befehl und Gehorsam. Politik machen hat auch etwas mit Führungskraft zu tun. Ich würde mir natürlich schon wünschen, dass wir weniger verwirrende Signale aussenden.

Über diesen ganzen Handel droht der SPD, ihren Status als Volkspartei zu verlieren.

Griese: Wir können unser Profil nicht dadurch schärfen, dass wir der Linkspartei hinterherlaufen. Wenn wir die linke Volkspartei sein wollen, dann müssen wir definieren, was links ist. Volkspartei bleiben wir nur, wenn wir bis in die Mitte der Gesellschaft hinein ausstrahlungskräftig sind.

Ausstrahlung links von der Mitte scheint zurzeit aber mehr die Linke zu haben.

Griese: Wir dürfen uns nicht auf Leute einlassen, die das Rad rückwärts drehen wollen. Wir müssen es machen wie Gesine Schwan: die Vernünftigen in der Linkspartei mitnehmen und die Partei inhaltlich stellen.

Was sehen wir dann?

Griese: Dass das Denken der Linken ist, dass jeder Mensch ein Opfer ist. Die wollen viel Geld in die Sozialsysteme pumpen, aber woher sie das Geld nehmen wollen, das sagen sie nicht. Und solange die Linke sich nicht mit ihrer DDR-Vergangenheit beschäftigt, kann sie für uns kein Partner sein.

Wobei angesichts der jüngsten Umfragen immer offener wird, ob die SPD in so einer Partnerschaft der Senior wäre. Die Linke kam zuletzt auf 15, die SPD auf 20 Prozent.

Griese: Ich glaube, die SPD berappelt sich.

Und was geschieht, wenn die Linke Ihre Partei in den Umfragen zum ersten Mal überholt?

Griese: Das wird nicht passieren.

Interview: Lothar Leuschen

Westdeutsche Zeitung Kreis Mettmann

3.9.08

Home