Niederberg/Ratingen | Kerstin Griese trifft …

Kerstin Griese trifft … Hans-Jochen Vogel

Solidarität „nicht nur wenn es ums eigene Amt geht“ üben

Der ehemalige SPD-Vorsitzende und Justizminister Vogel im Gespräch mit Kerstin Griese.

SPD-Urgestein Hans-Jochen Vogel löste bei „Kerstin Griese trifft …“ so viel Begeisterung aus, wie wohl noch keiner der inzwischen mehr als 25 Gäste der Gesprächsreihe. „Es gibt auch ehemalige Parteivorsitzende, die die Sache nicht hingeworfen haben und Woche für Woche in der Bild-Zeitung die eigene Partei bekämpft haben“, begründete Hans-Jochen Vogel seinen Einsatz im Wahlkampf mit einem Seitenhieb auf Oskar Lafontaine. Trotz seines hohen Alters von 79 Jahren wolle er Solidarität üben „nicht nur wenn es ums eigene Amt geht“, erfuhren die etwa 100 Besucher im Bürgerhaus Frankenheim.

Die Rheinische Post schrieb über die Veranstaltung: „Zwei rote Sofas standen wie immer für Moderatorin und Gast bereit. Doch Vogel zog es vor, mit augenzwinkerndem Hinweis auf die ,alten Knochen‘, vor der Bühne auf- und abzumarschieren – mit hoch erhobenem Haupt referierend. Schließlich müsse er seinem Beinamen als ,Oberlehrer‘ gerecht werden. Es wurde ein äußerst kurzweiliger und amüsanter Abend, bei dem Griese kaum zu Wort kam, was sehr ungewöhnlich ist. Der Polit-Profi schoss ein Bonmot nach dem anderen ab und erntete viele Lacher und großen Applaus.“

Das Fernsehduell zwischen Schröder und Merkel war das erste Gesprächsthema. Schröder sei sehr überzeugend und gleichzeitig fair gewesen, stellte Vogel fest. Am meisten verwundere ihn der Schatten-Finanzminister Paul Kirchhof, dessen unsoziale Steuerpläne von den Parteitagen der CDU und der CSU abgelehnt worden seien, er aber trotzdem in die Regierung eintreten wolle. Durch diese Widersprüchlichkeit mache Angela Merkel einen „merkwürdigen Eindruck der Unbestimmtheit und Unvorhersehbarkeit“, warnte Hans-Jochen Vogel, der bis 1982 Bundesjustizminister war.

Auch die Familienausschussvorsitzende Kerstin Griese wies auf die erzkonservativen Ansichten von Kirchhof hin. „Er will, dass die Frauen ihr Glück und ihre Karriere in der Familie machen und nur der Mann für die ökonomische Versorgung zuständig sei“, zitierte sie aus einem Kirchhof-Aufsatz.

Seit seinem Ausscheiden aus der aktiven Politik engagiert sich Hans-Jochen Vogel dem von ihm mitbegründeten überparteilichen Verein „Gegen Vergessen – für Demokratie“ gegen Rechtsextremismus. Nach Hoyerswerda, Rostock und Solingen habe er etwas gegen das „Wegschauen“ tun wollen, so Vogel. Kerstin Griese, die vor ihrer Abgeordnetentätigkeit als Historikerin in der Düsseldorfer Gedenkstätte für die NS-Opfer beschäftigt war, bekräftigte die Notwendigkeit des Engagements. Sie wies auf die Programme gegen den Rechtsextremismus hin, die die Bundesregierung in den letzten Jahren gestartet hat.

Gegen Vergessen – Für Demokratie

6.9.05

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