Niederberg/Ratingen | Kerstin Griese trifft …

Kerstin Griese trifft … Peer Steinbrück

Der Ex-Finanzminister begeistert das Wülfrather Publikum

Westdeutsche Zeitung Wülfrath: „Das ist ein echtes Event“ – die Steinbrück-Show in Rohdenhaus

Kerstin Griese und Peer Steinbrück unterhalten das Paul-Ludowigs-Haus.

Mehrere hundert Bürgerinnen und Bürger sorgten bei „Kerstin Griese trifft …“ für ein volles Paul-Ludowigs-Haus, in dem Peer Steinbrück für Begeisterung sorgte. Seine erfolgreichste Karriere sei die eines Parkwächters vorm Hamburger Volksparkstadion gewesen, erzählte Steinbrück gleich zu Beginn, als Griese ihn nach seinem Werdegang befragte. Da habe er sich in kurzer Zeit von den Fahrrädern über die Motorräder bis zu den Autos hochgearbeitet, sagte er und sorgte für die ersten Lacher.

Ernst wurde Peer Steinbrück, als er auf die Finanzkrise einging und deutliche Kritik an den Banken äußerste. Er verstehe die Bürger, die sich fragen, warum Gewinne privatisiert und Verluste sozialisiert werden.

Manfred Krick, stellvertretender Landrat, begrüßt Griese, Steinbrück und das Publikum.

„Viele Menschen haben den Eindruck, dass die Politik nicht mehr den Taktstock in der Hand hat.“ Bundestagsabgeordneter Peer Steinbrück ist überzeugt, dass die „Exzesse auf den Finanzmärkten“ auch der Politik geschadet haben. Die Gegenbewegung, die jetzt in Gang gekommen sei, richte sich nicht nur gegen die Allmacht der Finanzmärkte, sondern sei auch Ausdruck einer Enttäuschung über die Politik.

„Wir stehen an einer Wegmarke“, sagte der Ex-Finanzminister zum momentanen Zustand der Europäischen Union. „Kehren wir zurück zu einer Renationalisierung – monetär und politisch? Oder gehen wir zu einer politischen Union und eine Fiskalunion?“
Kerstin Griese plädierte darüber hinaus für eine Sozialunion und verwies auf die Folgen der Krise für die Menschen gerade in Ländern wie Griechenland. „Nur wenn es soziale Fortschritte gibt, kann die europäische Idee überleben.“

Steinbrücks neues Buch „Zug um Zug“, seine Gespräche mit Helmut Schmidt, liegt bereit.

Kenan Kolat wandte sich gegen den Begriff der „Integration“. „Ich spreche von Partizipation, von Teilhabe.“ Diese sei in vielen Bereichen noch längst nicht erreicht, sagte Kerstin Griese und nannte die Polizei als ein Beispiel. „Auch die Polizei soll eine kulturelle Vielfalt darstellen.“

Griese erinnerte daran, dass Steinbrück schon vor langer Zeit einen Schuldenschnitt für Griechenland gefordert hatte, der jetzt beschlossen wurde. Dafür sei es noch nicht zu spät, meinte Steinbrück, aber es hätte auch viel früher kommen dürfen. „Man darf den Griechen nicht ihren Stolz nehmen“, appellierte Steinbrück auch an die Medien, nicht auf dem Boulevard Ressentiments zu schüren. Und er forderte ein Wirtschaftshilfeprogramm für Griechenland. Das bisher beschlossene „Diätprogramm“, bringe sie nicht auf die Beine, „sondern aufs Lager“.

Kerstin Griese äußerte die Sorge, dass in der Krise die Menschen nicht nur das Vertrauen in die Politik verlören, sondern auch in die Demokratie. „Politiker lügen alle“, zitierte Nils Berthold, der bei der Velberter Feuerwehr in der Jugendarbeit engagiert ist, ein gerade in der jungen Generation verbreitetes Vorurteil. „Es gibt das Versagen von Politik“, stimmte Peer Steinbrück zu, und es sei auch wichtig, dass dies durch die Medien aufgedeckt werde. Aber er warnte dringend davor, „die Politik“ zu verallgemeinern. „90 Prozent der Politiker sind ehrenamtlich in der Kommunalpolitik tätig. Die Verachtung von Politik hatten wir schon mal. Das Ergebnis war 1933.“

Für Kerstin Griese ist „Ehrlichkeit das Wichtigste für einen Politiker“. Dazu zähle auch die Ehrlichkeit, zu bekennen, dass man nicht immer wisse, was der richtige Weg, die richtige Entscheidung sei. „Politiker sind ganz normale Menschen“, sage Griese.

Die beiden SPD-Abgeordneten für den Kreis Mettmann waren sich in ihrer Kritik an der Bundesregierung einig. „Diese Steuerpolitik empfinde ich als Skandal“, so Steinbrück. In der Schuldenkrise eine Steuersenkung auf Pump zu finanzieren, sei eine absolute Granate. Als „Pausentee für einen Mitspieler auf Abstieg“ bezeichnete er das Zugeständnis an die FDP. Als „absoluten Unsinn“ bezeichnete Kerstin Griese das in der gleichen Koalitionsrunde beschlossene Betreuungsgeld. „Es ist falsch, Kinder mit Geldprämien von den frühen Förderangeboten in einer Kita abzuhalten.“ Diese Entscheidung sei nur getroffen worden, um der CSU zu Willen zu sein.

Ein volles Paul-Ludowigs-Haus in Wülfrath.

Kerstin Griese moderiert die Zwischenfragen aus dem Publikum.

Peer Steinbrück

13.10.11

Home