Niederberg/Ratingen | Kerstin Griese trifft …

Kerstin Griese trifft … Eva Högl

Diskussion über Rechtsextremismus und Rechtsterrorismus

Eva Högl und Kerstin Griese in der niederbergischen Diakonie.

Als einen „Anschlag auf die Demokratie“ bezeichnete Eva Högl die Mordserie der rechtsextremen NSU-Terrorzelle bei „Kerstin Griese trifft …“. 14 Jahre und zehn Morde – da seien bei den Ermittlungen viele Fehler gemacht worden, sagte Högl, SPD-Obfrau im Bundestags-Untersuchungsausschuss. „Das Thema eignet sich nicht für parteipolitisches Hickhack“, erläuterte sie dem gespannt zuhörenden Publikum die Ausschussarbeit.

Wichtigste Feststellung sei, dass das Mordmotiv „Ausländerfeindlichkeit“ sträflich vernachlässigt wurde, sagte Eva Högl. Es habe kein Bekennerschreiben gegeben. Der bayerische Ministerpräsident Günther Beckstein habe als einziger den richtigen Riecher gehabt. „Das stand also im Raum.“ Stattdessen sei das Umfeld der betroffenen Familien im Detail ausgeforscht worden, erläuterte die SPD-Abgeordnete Kerstin Griese.

Eva Högl erzählte von teilweise absurden Vorgängen. Die Hamburger Polizei habe einen Hellseher aus dem Iran einfliegen lassen. In Nürnberg habe die Polizei einen Dönerstand betrieben. „Die haben ein Jahr das Fleisch nicht bezahlt“, so Högl, und hätten darauf gewartet, dass die Mörder das Geld einfordern. In eine Richtung seien Fantasie und Engagement sehr weit gegangen, in eine andere Richtung fast gar nicht.

„Vertuschungsversuche und Aktenschredderaktionen zerstören das Vertrauen in die Sicherheitsbehörden“, sagte Högl. „Wir sind im Untersuchungsausschuss total genervt. Wir sind häufig damit beschäftigt, hinter Akten herzulaufen“, stellte die Bundestagsabgeordnete fest. Das sei aber nicht die Aufgabe des Ausschusses. „Wir kriegen aber alles raus.“ Und dem Berliner Innensenator habe sie gesagt: „Du schickst uns jetzt die Akten, oder du trittst zurück.“

Von den Sicherheitsbehörden forderte Eva Högl „mehr interkulturelle Kompetenz“. Bei Opfern mit Migrationshintergrund müsse routinemäßig nach einem ausländerfeindlichen Hintergrund geschaut werden. „Wie stärken wir unsere Demokratie? Stärken wir Initiativen, die sich gegen Rechtsextremismus engagieren?“ Wenn wir über künftige Konsequenzen sprechen, werde der Frieden im Untersuchungsausschuss aufhören, prognostiziert Eva Högl. „Jeder noch so kleine Verein, der sich gegen Rechts engagiert, muss unterschreiben, dass er auf dem Boden der Verfassung steht“, ärgerte sich Kerstin Griese. „Das ist eine unglaubliche Verdächtigung“, kritisierte sie die zuständige Ministerin Kristina Schröder.

Nicht nur die rechtsextremen Straftaten müssen erfasst werden, sondern alle Taten, die von Rechtsextremen begangen werden, forderte Griese, die sich für eine Verbot der NPD aussprach. „Mich erschüttert, wenn es in Ostdeutschland Orte gibt, die von Rechtsextremisten beherrscht sind.“ Eva Högl sprach sich abschließend für mehr Bildung und insbesondere politische Bildung aus. Sie warf der Bundesregierung vor, an der falschen Stelle zu sparen.

Eva Högl

stern.de: Interview mit Eva Högl
FAZ: Abgrund zwischen Aktendeckeln
Berliner Zeitung: NSU-Pannenserie
Bundestag: Ermittlungen im Mordfall Kieswetter

19.9.12

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