Niederberg/Ratingen

Politische Gewissensfragen

Gesprächskreis „Kirche und Politik“ trifft sich in der niederbergischen Diakonie

„Anfang und Ende des Lebens“ sind die Fragen, die der Bundestag unabhängig von der Parteizugehörigkeit berate, sagte Kerstin Griese imGesprächskreis „Kirche und Politik in Niederberg und Ratingen“. Politische Gewissensentscheidungen waren das Thema, zu dem sich 33 Interessierte – vom Superintendenten bis zum einfachen Gemeindeglied – in der niederbergischen Diakonie getroffen haben.

„Stammzellforschung, Patientenverfügungen, Spätabtreibungen, Präimplantationsdiagnostik“ zählte Griese die ethischen Fragestellungen auf, die in den letzten Jahren parlamentarisch entschieden wurden. „Und noch in diesem Herbst beraten wir über Organspenden“, sagte Kerstin Griese, die sowohl dem Bundestag als auch der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland angehört. Es seien meist die „Sternstunden“ des Parlamentes, wenn Debatten zu solchen „Gewissensthemen“ geführt werden, „in denen sich besser zugehört wird und in denen sich oft überraschende Bündnisse quer durch die Fraktionen entwickeln“.

Bei den Organtransplantationen habe sich das jetzige System nicht bewährt, ist Kerstin Griese überzeugt. „Wir haben in Deutschland zu wenige Organspenden.“ Diskutiert werde deshalb über „die Entscheidungslösung oder die Widerspruchslösung“. Bei Letzterem gehe man davon aus, dass jeder automatisch Organspender ist, der dies zu Lebzeiten nicht ausdrücklich verneint habe. „Beispiele anderer europäischer Länder zeigen, dass damit erheblich mehr Organe zur Transplantation gewonnen werden können.“ Kerstin Griese selbst tendiert zur „Entscheidungslösung“. Diese sehe vor, dass jeder Mensch einmal im Leben erklärt, ob er Organspender sein möchte oder nicht. „Diese Entscheidung kann man jederzeit wieder ändern.“

Für einzelne Unionsabgeordnete sei auch die Abstimmung über den Euro-Rettungsschirm eine Gewissensfrage gewesen. „Die Entscheidung über Bürgschaften von 211 Milliarden Euro ist sehr schwerwiegend.“ Aber es bemühe ethische Dimensionen nicht so sehr wie die Fragen des Anfangs und Ende des Lebens, stellte Griese ihre Auffassung dar. Doch es sei charakteristisch für das Gewissen, dass es individuell sei. „Das heißt: Niemand kann einem anderen vorschreiben, dass eine Frage sein Gewissen nicht betreffe.“

24.10.11

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