Niederberg/Ratingen

Keine „Wege zum Ruhm“ in der Stadtbibliothek

Düsseldorfs OB Joachim Erwin bezeichnet Horst Eckerts Krimi-Kurzgeschichte als „parasitäres Geschreibsel“

2005 in Ratingen: Horst Eckert zu Gast bei „Kerstin Griese trifft …“.

Der Krimi-Autor Horst Eckert darf seine neue Kurzgeschichte „Wege zum Ruhm“ nicht in der Düsseldorfer Stadtbibliothek lesen. Grund: Die Geschichte nimmt den Bau eines maßlos überdimensionierten Sportstadions und den darin verstrickten fiktiven Oberbürgermeister Dagobert Kroll aufs Korn.

Der reale Oberbürgermeister Joachim Erwin (CDU) erkannte sich und die umstrittene LTU-Arena offensichtlich wieder. „Wir behalten uns vor, in unseren Räumen zu veranstalten, was wir für richtig halten, Eckert kann überall lesen, aber wir müssen seine Geschichten nicht transportieren“, erklärte Erwins Sprecher zur Absage der Lesung in der Zentralbibliothek.

Bereits Horst Eckerts letzter Roman „617 Grad Celsius“ schlug Wellen. Er spielte während des NRW-Landtagswahlkampfes und sowohl der Ministerpräsident als auch ein einflussreicher SPD-Landtagsabgeordneter – beides fiktive Figuren – waren in einen Mordfall verwickelt. Die Bundestagsabgeordnete Kerstin Griese (SPD) hatte Eckert damals zu einer Lesung in die Ratinger Altstadt-Buchhandlung eingeladen. Den Vorwurf einer Zeitung, sein Roman würde zu Politikverdrossenheit und Wahlverweigerung aufrufen, hatte der gelernte Fernsehjournalist auf der „Kerstin Griese trifft …-Veranstaltung zurückgewiesen. Politische Skandale seien schließlich nicht seine Erfindung, sondern seien Realität, verwies er auf das Beispiel von Helmut Kohl und dessen Spendenskandal.

Angesichts des aktuellen Zensurskandals in Düsseldorf fühlen sich viele Medien und auch Kerstin Griese an Heinrich Heine erinnert. Griese hatte in den neunziger Jahren als AStA-Vorsitzende nachdrücklich dafür gekämpft, dass die Düsseldorfer Universität nach dem Dichter benannt wird. In der Presse wurde jetzt süffisant berichtet, dass Joachim Erwin ausgerechnet eine Woche zuvor nach Paris gereist war, um an Heines Grab einen Kranz zum 150. Todestag niederzulegen. „Die gerade angelaufene Kampagne, mit der sich Düsseldorf als weltoffene Stadt der Künste herausputzen will, steht so plötzlich auf einem ganz kleinkarierten Blatt, und es kann einem, wenn man, anders als Heinrich Heine im Pariser Exil, in der Nähe an Düsseldorf denkt, erst recht wunderlich zumute werden“, schreibt die Frankfurter Allgemeine.

Die SPD-Ratsfraktion hat für die nächste Sitzung des Stadtparlaments eine Anfrage formuliert, in der es unter anderem heißt: „Beabsichtigt der Oberbürgermeister oder sein Büro, anlässlich des Heine-Jahres die damaligen politischen Verhältnisse, die durch Zensur und Obrigkeitsstaatlichkeit gekennzeichnet waren, wieder aufleben zu lassen?“

Horst Eckert hat für die Lesung seiner Kurzgeschichte, die in dem bei Grafit erschienenen Fußballkrimi-Band „Blutgrätsche“ abgedruckt ist, inzwischen einen neuen Ort gefunden. Die Lesung wird am Donnerstag, dem 30. März, 20:15 Uhr, im Düsseldorfer „Haus der Freude“ (Bilker Allee 163) stattfinden.

horsteckert.de: News

Frankfurter Allgemeine: Dorf an der Düssel
Welt am Sonntag: Erwins Wildwest-Methoden
Westdeutsche Zeitung: Weltmetropole der Meinungsfreiheit
Rheinische Post: Eckert-Lesung im Haus der Freude

„Kerstin Griese trifft … Horst Eckert“ (2005)

20.3.06

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