Dirk Pung: Jugend und Parlament
Ein seltsames Gefühl mit interessanten Einblicken
Drei Tage lang konnten 470 Jugendliche, inklusive mir, den Deutschen Bundestag in Berlin erleben.
Im Vorfeld wurde ich von der Bundestagsabgeordneten Kerstin Griese mit reichlich Informationsmaterial ausgestattet.
In Berlin angekommen, wurde ich in meiner Unterkunft empfangen. Dort bekam ich einen Ausweis für den Deutschen Bundestag, eine Dauerfahrkarte und ein Programmheft.
Um 16 Uhr war es dann soweit. Inzwischen hatte ich noch ein paar andere Teilnehmer kennen gelernt. Nun standen wir da - in dem großen Reichstag, mitten in Berlin.
Das Gebäude, ein wahres Kunstwerk, ist nicht nur Deutscher Bundestag, es ist auch ein Stück Geschichte, ein Erlebnis, und mit seiner großen Dachterrasse und Glaskuppel eines der beliebtesten Ausflugsziele in Berlin.
Zur offiziellen Begrüßung durch Frau Beatrix Phillip, MdB, die die Organisation der Veranstaltung übernommen hatte, konnten wir im Plenarsaal Platz nehmen. Ja, richtig gelesen - im Plenarsaal. Dort wo normalerweise nur die Abgeordneten Zutritt haben.
Das war schon ein seltsames Gefühl jetzt auf den Plätzen der Abgeordneten sitzen zu können. Als Nächstes fiel auf, dass der Plenarsaal gar nicht so groß ist, wie er im Fernsehen immer wirkt.
Die Bestuhlung in den vorderen drei Reihen ist auf einer Art "Rollsystem" befestigt. Der Stuhl kann somit nicht nur zur Seite gedreht werden, sondern ist auch nach vorne oder hinten beweglich. Diese Beweglichkeit animierte gerade zu dieser Aktivität. Wer mal eine Übertragung aus dem Bundestag genau beobachtet, kann dieses Phänomen auch bei den Abgeordneten beobachten.
Anschließend wurde zum gemeinsamen Abendessen, auf der Fraktionsebene, eingeladen. Dort war ein großes Buffet aufgebaut, welches Reichliches zu bieten hatte.
Am Abend gab es dann noch verschiedenste Führungen durch das Reichstagsgebäude. Besonderes Highlight war der Sonnenuntergang, den man am Abend von der Dachterrasse aus genießen konnte.
Zum Ausklang des Tages habe ich mich mit ein paar anderen Jugendlichen in die Stadt begeben.
Am nächsten Tag, einem Montag, stand wieder Vieles auf dem Programm. Zunächst erfolgte die Begrüßung durch den Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse im Plenarsaal. Dann wurden die einzelnen Fraktionen vorgestellt (SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Grüne, FDP, PDS) und anschließend besuchte ich die SPD in ihren eigenen Räumen, um dort mit den Mitgliedern über verschiedenste Themen zu diskutieren. Teilweise ging es heiß her, zum Beispiel bei dem Thema "soll es weiterhin die Wehrpflicht in Deutschland geben?" Kurz berichtet: Ja, sie soll weiterhin bestehen bleiben.
Nach dem Mittagsessen und einer kurzen Pause ging es dann in die verschiedenen Arbeitskreise. In meinem Arbeitskreis "Modernes Leben: vernetzt, verkabelt, ins Internet gestellt", ging es hauptsächlich um Themen, die das Internet betreffen.
Erstes Thema war die Verschlüsselung von Daten - eine von der amerikanischen Regierung noch bis vor Kurzem teilweise untersagte Methode, Daten zu versenden. Dazu haben wir beschlossen, die Verschlüsselung zuzulassen. In Zukunft wird es immer wichtiger werden, Daten sicher zu übertragen.
Nächstes Thema war, nationalsozialistisches Gedankengut im Netz zu kontrollieren und zu bestrafen. Wir haben uns darauf geeinigt, auf Servern oder Netzknoten keine Filter einzusetzen. Jeder, der seine Kinder schützen möchte, kann sich entsprechende Filtersoftware auf dem eigenen Rechner installieren. Natürlich werden Websites mit nationalsozialistischen Inhalten in Deutschland und auf deutschen Servern nicht geduldet und strafrechtlich verfolgt.
Drittes Thema war: Steuern auf "Download" oder "Hardware"? Hier wurde entschieden, dass auf bestimmte Hardware eine Steuer aufgeschlagen wird - begründet mit der Annahme, dass zum Beispiel ein Brenner auch zum Kopieren verschiedener Datenträger genutzt wird. Eine Steuer auf den "Download" von Dateien (auch MP3) wurde hingegen abgelehnt. Die Musikindustrie ist selbst für die Sicherheit ihrer CDs verantwortlich, somit auch für die Forschung bezüglich neuer Sicherheitsmethoden im Audiobereich.
Ein weiteres wichtiges Thema war: Schulen ans Netz. Hier wurde ganz klar festgelegt, dass alle Schulen mit der notwendigen Hardware/Software ausgestattet werden müssen, die Schüler zwar kein neues Internetfach hinzubekommen, aber das Internet und die neuen Medien für andere Fächer ergänzend nutzen sollen. Hierzu soll den Schülern Medienkompetenz nahegebracht werden. Es wurde ebenfalls erwähnt, dass in dem Bereich noch ein großer Mangel an Lehrkräften besteht und Lehrerinnen und Lehrer in diese Richtung viel intensiver geschult werden müssen.
Nach einer kleinen Pause, fuhren wir dann zu den Vertretungen der Länder, die sich bei einem Abendessen ebenfalls vorstellten und zu einem Gespräch bereit standen.
Schon war er da, der letzte Tag. An diesem Morgen war alles etwas anders. Wegen der großangelegten Truckerdemo gegen die hohen Benzinpreise, konnten wir nicht ganz unproblematisch zum Reichstag fahren. Dort endlich angekommen, begann dann auch schon die Plenarsitzung. Dort trugen alle Arbeitskreise ihre Ergebnisse in Acht-Minuten-Vorträgen vor. Nach jedem Bericht gab es Aussprachen und Diskussionen. Bei einem Resolutionsentwurf für die Bekämpfung des Rechtsextremismus wurde zwischen den Teilnehmern heftigst gestritten. Einige vertraten die Meinung, der Text sei zu einseitig auf den Rechtsextremismus ausgelegt und solle sich genauso mit Linksextremismus befassen. Anschließend wurde allerdings mehrheitlich für die Richtigkeit des Textes entschieden.
Nach der Sitzung, die circa vier Stunden dauerte, wurden noch Abschlussbeiträge zu der Veranstaltung "Jugend und Parlament" gegeben. Hier sind zu erwähnen, dass alle die Veranstaltung für sehr gut organisiert hielten, aber leider viel zu kurz fanden. Es wurde hier nochmals deutlich, dass einige Teilnehmer es mit der Parteizugehörigkeit zu genau nahmen und damit auch ihre Intoleranz Anderen gegenüber zeigten.
Zum Abschluss möchte ich noch einen Mitarbeiter des Besucherdienstes zitieren: "Auch wenn viele beim Betreten des Reichstages der Meinung sind, dass der Umzug von Bonn nach Berlin nicht unbedingt notwenig gewesen wäre, verlassen die meisten den Reichstag mit der Meinung, dass es unbedingt notwendig und richtig war."
Dieser Aussage kann ich nur voll und ganz zustimmen.
Jetzt möchte ich mich noch mal ganz herzlich bei Kerstin Griese, MdB, und Christine Kutter für die Einladung bedanken, ohne die mir dieses Erlebnis nicht möglich gewesen wäre.
Daniel Pung, Düsseldorf