Berlin

Verbindliche kinderärztliche Untersuchungen

Griese lehnt eine Kürzung des Kindergeldes ab

Tagesspiegel: Koalition streitet über Kinderpolitik

Die SPD-Familienexpertin Kerstin Griese weist die Forderung der CSU zurück, bei Nichtteilnahme an Vorsorgeuntersuchungen das Kindergeld zu kürzen. „Ich unterstütze die Forderung nach verbindlichen kinderärztlichen Untersuchungen. Doch das Kindergeld hat damit überhaupt nichts zu tun.“

In Gesprächen mit dem Tagesspiegel und dem Deutschlandfunk plädierte Kerstin Griese dafür, im Bürgerlichen Gesetzbuch ein „Recht von Kindern auf gesundes Aufwachsen zu verankern“, um die Rechtsgrundlage für verbindliche Vorsorgeuntersuchungen zu schaffen.

„Für mich sind die Kinderrechte wichtiger als Elternrechte und der oftmals vorgeschobene Datenschutz.“ Deshalb müsse dafür gesorgt werden, dass Gesundheits- und Jugendämter wissen, wer an den Vorsorgeuntersuchungen nicht teilnimmt. „Der Datenschutzbeauftragte hat mir mittlerweile bestätigt, dass der Austausch von Daten auf kommunaler Ebene auch nach heutiger Rechtslage möglich ist.“

Die Velberter Bundestagsabgeordnete betont: „Wenn wir benachteiligten Kindern wirklich helfen wollen, brauchen wir durchdachte und flächendeckende Konzepte. Populistische Schnellschüsse bringen uns nicht weiter.“ Zuerst über finanzielle Sanktionen nachzudenken, sei der falsche Weg. „Die Schuleingangsuntersuchungen haben eine quasi hundertprozentige Teilnahmequote – obwohl kaum jemand weiß, welche Strafen beim Nicht-Erscheinen drohen.“

Etwa 15 Prozent aller Kinder werden nicht zu den „Us“ genannten Untersuchungen gebracht, „in manchen Stadtteilen sind es sogar 50 Prozent.“ Grund dafür sei jedoch nicht, dass die Eltern einen Arztbesuch prinzipiell ablehnten. „Für manche ist der Begriff der ,Freiwilligkeit‘ missverständlich, solange ein Kind nicht richtig krank ist.“ Hinzu kämen Vergesslichkeit und Gleichgültigkeit.

Kerstin Griese warnt vor dem Glauben, dass mit verpflichtenden „Us“ alle Fälle von extremer Kindesvernachlässigung verhindert werden können. „Die Vorsorgeuntersuchungen können nur ein Baustein sein.“ Notwendig seien flächendeckende Frühwarnsysteme und eine leistungsfähige Infrastruktur, die Kindern und Eltern hilft. Für die Familienausschussvorsitzende sind obligatorische Vorsorgeuntersuchungen eine Frage der Gerechtigkeit. „Kinder in sozial benachteiligten Stadtteilen leiden nicht nur unter materieller Armut und mangelnden Bildungsanreizen, sondern zunehmend auch unter einem deutlich schlechteren Gesundheitszustand.“

19.10.06

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