Berlin

Griese fordert intelligenteren Jugendmedienschutz

Computerspielindustrie initiiert einen „Runden Tisch der Verantwortung

AP: Handel soll Altersfreigaben von Computerspielen beachten

Kerstin Griese hat sich für eine verstärkte Indizierung von Gewaltspielen ausgesprochen. „Gewalthaltige Computerspiele gehören nicht in die Hände von Kindern und Jugendlichen.“ Auf Einladung des Bundesverbands „Interaktive Unterhaltungssoftware“ hat die SPD-Bundestagsabgeordnete am „Runden Tisch der Verantwortung“ teilgenommen, zu dem 25 Fachleute eingeladen waren. „Ich freue mich, dass der ,Runde Tisch der Verantwortung‘ auf Anregung von Bundeskanzlerin Angela Merkel zustande gekommen ist begrüße die Initiative ,Gesellschaftliche Verantwortung‘, mit der die Computerspielindustrie ihren Beitrag zu einem besseren Jugendmedienschutz leisten will“, so Griese.

„Auch wenn kein singulär kausaler Zusammenhang von Computerspielen mit realer Gewaltanwendung bewiesen ist, weisen verschiedene Analysen einen Zusammenhang zwischen Gewaltspielen und abnehmender Empathie sowie unsozialem Verhalten nach“, warnte Griese vor den Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche. „Wir dürfen nicht zulassen, dass Kinder und Jugendliche spielerisch lernen, Konflikte durch Gewalt zu lösen. Zudem bestätigen nahezu alle Studien, dass die Spiele besonders bei denjenigen Jugendliche, die ohnehin zu Gewalt neigen, zu gewalttätigem Verhalten führen können. Wir wissen, dass Kinder und Jugendliche Computerspiele spielen, die nicht für ihre Altersklasse freigegebenen sind oder gar keine Jugendfreigabe erhalten haben. Schon Spiele, die für 16-Jährige freigegeben sind, können extrem gewalthaltig sein“, sagte Griese und forderte „Nachjustierungen“ im Jugendschutz, um auf der Höhe der gesellschaftlichen Entwicklung zu bleiben. „Die Tatsache, dass Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern über einen sehr hohen Jugendschutzstandard verfügt, sollte uns nicht daran hindern, Schwachpunkte zu erkennen. Sowohl die Werte unserer Gesellschaft als auch die sich verändernden technischen Möglichkeiten müssen ständig Gegenstand der Diskussion sein.“

Griese wies darauf hin, dass viele Kritikpunkte an der Effizienz des Jugendschutzes Vollzugsdefizite seien, die durch mehr Kontrollen und Aufklärung zu lösen seien. „Aber es bleibt die Aufgabe des Gesetzgebers, im Jugendschutzrecht Normen und Werte zu setzen.“ Sie forderte strenge Maßstäbe beim Jugendmedienschutz: „Die Freigaben von Medien sollten sich eindeutig an den ethischen Grundregeln unserer Gesellschaft orientieren und messen lassen. Die Werte, die durch Computerspiele transportiert werden, müssen in die Einstufungsentscheidungen einbezogen werden.“ Der Jugendschutz wiege dabei schwerer als der Wunsch Erwachsener, leichter an nicht für Jugendliche freigegebene Medien zu kommen, beziehungsweise der der Hersteller, ein möglichst unbegrenztes Angebot produzieren zu können.

„Nichts hindert uns daran, Lösungen zu finden, damit Spiele, bei denen der Spieler schlichtweg die Rolle eines Verbrechers ausübt, von Kindern und Jugendlichen ferngehalten werden.“ Die SPD-Expertin setzt sich dafür ein, die Schwelle von Gewalt, ab der Kinder und Jugendliche Zugang zu solchen Medien haben, deutlich zu senken.“

Griese betonte, eine verstärkte Indizierung sei eine intelligente Möglichkeit für einen effektiven Jugendschutz. „Indizierte Spiele werden weder beworben noch können sie in den Verkaufsregalen ausliegen. Daher gelangen indizierte Spiele tatsächlich weniger leicht zu Kindern und Jugendlichen.“ Laut Bredow-Institut hätten zurzeit bis zu 75 Prozent der Jugendlichen Zugang zu nicht-altersgemäßen Spielen. Sie bekämen die Spiele von Freunden, im Internet und in Geschäften, die nur lasch kontrollieren. „18 Prozent von ihnen geben an, ihre Eltern würden ihnen die Spiele besorgen.“

Kerstin Griese wandte sich gegen den „reinen Populismus“, ein Verbot sämtlicher so genannter „Killerspiele“ zu fordern. „Eine Ausweitung des bisherigen Verbots von ,Killerspielen‘ würde nur die Illusion vorgaukeln, ein Problem gelöst zu haben. Eine solche rein symbolische Gesetzgebung verkennt den Kern der Sache und behebt bestehende Mängel nicht. Mit gutem Grund setzt unser Rechtssystem Eingriffen in die Kommunikations- und Kunstfreiheit enge Grenzen.“ Absolute Verbote seien nur auf wenige Bereiche wie nationalsozialistische Propaganda oder Kinderpornografie beschränkt. „Auch würde uns ein Totalverbot in einer falschen Sicherheit wiegen. Per Gesetz lassen sich so tragische Vorfälle wie die in Erfurt oder Emsdetten nicht verhindern“, sagte die Bundestagsabgeordnete.

Die Medienkompetenz von Kindern und Jugendlichen und von ihren Eltern müsse gestärkt werden. „Alle pädagogischen Alltagsbereiche sind dabei gefragt, auch eine Diskussion über die Situation in unseren Schulen ist nötig. Unsere Gesellschaft muss sich darum sorgen, wenn Kinder und Jugendliche im schlimmsten Fall in Parallelwelten abdriften. Wir brauchen eine ,Kultur der Anerkennung‘, die Kindern und Jugendlichen Chancen gibt.“

Kerstin Griese und Harald Schrapers: Für einen positiven Jugendschutz

17.9.07

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