Berlin

Bessere Jobs für Ältere

Kerstin Griese erläutert in der Rheinischen Post ihr Konzept einer „Allianz 50 plus“

Rheinische Post: Groß angelegtes Projekt für bessere Beschäftigung Älterer gefordert

Haben Sie Verständnis dafür, dass die beschleunigte Einführung der Rente mit 67 nicht nur Beifall findet?

Griese: Ich verstehe durchaus, dass es darüber Aufregung gibt. Mich wundert allerdings, dass sich darüber mehr Rentnerinnen und Rentner aufregen als die heute arbeitende Generation. Ich glaube, meiner Generation ist klar, dass wir länger arbeiten werden, denn wir haben eine steigende Lebenserwartung. Viele wollen das ja auch. Und klar ist auch, dass es Ausnahmen geben muss für diejenigen, die das körperlich nicht mehr können.

Viele 50-Jährige und noch mehr 55-Jährige sehen die Rente erst ab 67 mit Sarkasmus. Sie würden gerne arbeiten, finden aber keinen Job.

Griese: Ich möchte dem Bundesarbeitsminister vorschlagen, dass er eine große Initiative startet, die der von der ehemaligen Familienministerin Renate Schmidt initiierten „Allianz für die Familie“ ähnelt. Wir brauchen ein solches Bündnis mit der Wirtschaft, mit den Unternehmen, mit den Gewerkschaften, mit den Kirchen und den gesellschaftlichen Gruppen, um das Thema „Beschäftigungschancen Älterer” mehr in den Mittelpunkt zu rücken. Eine solche „Allianz 50 plus” könnte deutlich machen, was wissenschaftlich vielfach belegt ist: Dass Erfahrungswissen wichtig für die Zukunft eines Unternehmens ist. Dennoch stellt die Hälfte der Betriebe in Deutschland keine Menschen ab 50 mehr ein. Das ist ein Skandal.

Wie lässt sich das ändern?

Griese: Wir wissen, dass die über 45-Jährigen kaum noch Weiterbildungsangebote wahrnehmen können. Wenn einem Ingenieur nach 20 Jahren im Beruf keine Weiterbildung mehr ermöglicht wird, dann ist doch klar, dass er Probleme bei der Suche nach einem Arbeitsplatz bekommt. Das ist ein Ansatzpunkt: Weiterbildungschancen fördern.

Noch mehr Ideen?

Griese: Wir müssen von dem Denken wegkommen, dass einer vom ersten Tag seines Berufslebens bis zum letzten immer das Gleiche macht. Nehmen wir die Lehrerinnen und Lehrer, die häufig früher in den Ruhestand gehen, weil sie sich ausgelaugt fühlen. Da könnte man überlegen, ob sie vielleicht später zum Beispiel in Bibliotheken arbeiten. Und so könnte man das für viele Berufsfelder vorsehen. Da fordere ich auch von den Arbeitgebern mehr Flexibilität.

Und die Signale, die der Staat mit großzügigen Leistungen für ausscheidende Ältere gesetzt hat?

Griese: Das war sicherlich falsch. Denn dadurch haben viele Unternehmen die Möglichkeiten genutzt, sich auf Kosten der Allgemeinheit vorzeitig von älteren Arbeitnehmern zu trennen.

Aber als erstes hat die große Koalition die 58er Regelung, mit der Menschen ab 58 über das Arbeitslosengeld vorzeitig ausscheiden können, bis Ende 2007 verlängert.

Griese: Da ging es um Verlässlichkeit. Die Menschen haben sich auf die Regelungen zum Vorruhestand verlassen. Aber ich bin mir sicher, dass solche Regelungen in Zukunft nicht mehr sinnvoll sind. Vielmehr müssen wir alles dafür tun, damit auch Ältere die Chance auf einen Job bekommen.

Gregor Mayntz, Berliner Korrespondent der Rheinischen Post, fasste die Fragen und Antworten der „Berliner Runde“ zusammen.

Rheinische Post

20.2.05

Home