Berlin | Kirche

Benedikt XIV. im Bundestag

„Eine kluge Rede, aber es sind Chancen verpasst worden“

epd: Reaktionen auf die Papstrede
AFP: Papstbesuch am ersten Tag ohne Überraschungen
tagesschau.de: Darüber muss man sich nicht empören
WAZ Velbert: Papst-Rede im Bundestag

Treffen mit dem Bundesvorstand der katholischen Jugend – BDKJ – am Rande der Papstrede: Simon Rapp, Ursula Fehling, Kerstin Griese MdB, Dirk Tänzler.

„Es war zwar eine kluge Rede“, fasst Kerstin Griese ihre Eindrücke von der Papstrede im Bundestag zusammen, „aber es sind auch Chancen verpasst worden. Seine Einladung zu einem öffentlichen Dialog über Recht und Gerechtigkeit begrüße ich. Doch ich wünsche mir, dass der Papst dieses Angebot konkretisiert.“ Griese, Mitglied der Synode der Evangelischen Kirche, bedauert, dass der Papst die Ökumene nicht angesprochen hat, „obwohl der Bundestagspräsident von ihm ausdrücklich ein unübersehbares Zeichen gefordert hat.“

Griese wies darauf hin, dass Benedikt XVI. in seiner Rede von allen, die Verantwortung tragen, ein „hörendes Herz“ verlangt hat. Die Bundestagsabgeordnete sagte gegenüber AFP, dass sie sich vom Papst im Gegenzug gewünscht hätte, „dass er ein hörendes Herz gegenüber den Missbrauchsopfern zeigt“. Leider hätte die katholische Kirche bei den vielen Fällen sexuellen Missbrauchs eher den Täterschutz im Blick gehabt als das Leiden der Opfer. Griese hofft, dass der Papst auf seiner Deutschlandreise dazu ein klärendes Wort findet.

Die christlichen Kirchen müssten ihre Gemeinsamkeiten betonen, sagt Kerstin Griese. Sie lobt die Warnung des Papstes vor dem Glauben an das technisch Machbare und seine Würdigung der Ökologiebewegung. „Ich bin, als ich noch in der evangelischen Jugend aktiv war, mit der Umwelt- und Anti-AKW-Bewegung groß geworden.“

Griese betont, dass sie auch aus Respekt vor den Millionen Katholiken in Deutschland dem Papst im Parlament zugehört hat. „Damit signalisiere ich keine Zustimmung. Sondern ich schließe mich der auch innerkatholisch oft geäußerten Kritik an der Weltfremdheit Roms an.“ Griese zählt das Festhalten am Zölibat, die überkommene Sexualmoral und die untergeordnete Rolle der Frauen in der katholischen Kirche als wichtige Kritikpunkte auf. „Das widerspricht meinem christlichen Verständnis eines einladenden Glaubens.“

Bislang verweigere Rom den evangelischen Christen eine Begegnung auf gleicher Augenhöhe, bedauert Kerstin Griese. Sie hält es für ein bemerkenswertes Symbol, dass Papst Benedikt das evangelische Augustinerkloster in Erfurt besucht. Trotzdem fehle es an echten Fortschritten für die Ökumene in der Praxis. „Evangelische Christen dürfen nicht zum Abendmahl im katholischen Gottesdienst gehen. Und die katholische Kirche verweigert die Anerkennung evangelischer Taufpaten. Hier sollte sich der Papst bewegen.“

22.9.11

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