Berlin | Netzwerk Berlin

Kritik an der Föderalismusreform

Netzwerk Berlin will die „Mutter aller Reformen“ nicht ohne Änderungen passieren lassen

Bei den Netzwerk Berlin zusammengeschlossenen SPD-Abgeordneten stößt die geplante Föderalismusreform auf Kritik. In einem achtseitigen Positionspapier formulieren sie eine Reihe von Forderungen an die von der Großen Koalition vereinbarten Staatsreform. „Insbesondere die Vereinbarungen, die zu einer weiteren Zersplitterung unseres Bildungssystems beitragen, halte ich für äußerst problematisch“, sagt Kerstin Griese.

Nina Hauer und Christian Lange, Netzwerk-SprecherInnen, heben in ihrer Kritik das Programm zur Förderung der Ganztagsschule heraus, mit dem die alte Bundesregierung einen Meilenstein gesetzt habe. „Dieses Programm war auch nach altem Recht nicht ohne weiteres umzusetzen. Die Reform würde dies nach den jetzigen Plänen verbieten. Das halten wir für falsch.“ Gerade dieser Tage habe die UNO das deutsche Bildungssystem in seiner Kleinteiligkeit getadelt. „Der Bund muss auch in Zukunft in der Lage sein, Richtungen vorzugeben.“ Dazu gehöre auch die Zusammenarbeit von Kommunen und Ländern, beispielsweise bei der Ausweitung des Rechtsanspruchs für einen Kindergartenplatz für Zweijährige, den das Netzwerk für unerlässlich halte.

Grundsätzlich erwarten die Netzwerker, dass das föderale System Deutschlands entwirrt werde und es möglich sei, politische Entscheidungen schneller und nachvollziehbarer zu treffen. Bürgerinnen und Bürger müssten erkennen können wer welche Entscheidungen trifft. „Zu Recht erwarten sie weniger Kompetenzstreitigkeiten und höhere Flexibilität von Strukturen. Für uns gehört dazu auch die stärkere Verankerung plebiszitärer Elemente wie zum Beispiel des Volksentscheids. Es wird Zeit für mehr Demokratie.“ Auch die Neuordnung und Reduzierung der Bundesländer wäre ein notwendiger Schritt, zu dem die „Mutter aller Reformen“ Möglichkeit geben würde.

Deutschland müsse auf die Anforderungen, die der internationale Wettbewerb beispielsweise an die Hochschulen stellt, besser reagieren können. Die neu
geschaffene „abweichende Gesetzgebung“ der Länder in den Bereichen Hochschulzulassung und der Abschlüsse hält das Netzwerk für problematisch. „Unsinnig“ sei der Berechnungsschlüssel bei der Vergabe der Mittel im Hochschulbau. Dieser schreibe eine Bevorzugung des wohlhabenden Südens gegenüber dem ärmeren Norden Deutschlands fest.

Hauer und Lange kritisieren die Übertragung der Besoldungs- und Versorgungskompetenz sowie des Laufbahnrechts der Beamten und des Strafvollzugs auf die Länder. „Die finanzschwachen Länder sind heute schon die Verlierer. Dies wird sich noch weiter verstärken. Wir fordern deshalb die Beibehaltung der Regelungskompetenz des Bundes.“

Veränderungen im Umweltrecht dürften nicht dazu führen, dass der Dschungel von Genehmigungen und Entscheidungsstrukturen noch dichter wird. Der Bereich der Genehmigungsanforderungen müsse bundeseinheitlich gestaltet werden. „Wir werden uns in den Beratungsprozess der Föderalismusreform in unserer Fraktion aktiv einbringen und für Veränderungen Bündnispartner suchen.“

Der Spiegel: Breiter Widerstand gegen die Föderalismusreform
Tagesspiegel: In SPD-Fraktion wächst Widerstand gegen Staatsreform
Die Zeit: Die kalte Revolution

Netzwerk Berlin: „Das Was bedenke, mehr bedenke Wie“ – Forderungen zur Föderalismusreform

3.3.06

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