Berlin | Kirche

Christen und Muslime in Deutschland

Klarheit und gute Nachbarschaft

Kerstin Griese, Mitglied der EKD-Synode, und Jürgen Schmude, ehemaliger Präses der Synode.

Um Christen und Muslime ging es im Gesprächskreis Kirche und Politik, zu dem Kerstin Griese in das evangelische Gemeindezentrum in Tiefenbroich eingeladen hatte. „Zur Religionsfreiheit gehört das Recht, Gotteshäuser zu bauen“, betonte der Referent Jürgen Schmude seine Haltung zum Bau von Moscheen. Der ehemalige Präses der evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) hatte federführend die umstrittene Handreichung „Klarheit und gute Nachbarschaft“ erarbeitet, in der die Haltung der Kirche gegenüber den Muslimen beschrieben wurde. „Die heftigste Kritik kam aus meiner eigenen Kirche“, sagte Schmude.

Beide Religionen seien zur Wahrung des Frieden und der Menschenwürde verpflichtet, wies Jürgen Schmude auf das Verbindende hin. Die Islamverbände seien jedoch gekränkt gewesen, weil in aller Klarheit auch auf Differenzen hingewiesen werde. Die Handreichung stelle Fragen nach dem Verhältnis zum Grundgesetz, den Rechten der Frau, der Stellung von Konvertiten und zu religiös begründeter Gewalt.

Der ehemalige Justizminister Schmude sagte, dass die Geschichte der christlichen Kirchen ebenfalls von Gewalt geprägt sei. „Wir haben sie mühsam überwunden.“ Doch deshalb können man dem Islam nicht 300, 80 oder 20 Jahre zugestehen, um sein Verhältnis zur Gewalt zu klären. „Die meisten Muslime sehen in der Demokratie ein Geschenk. Viele machen uns bittere Vorwürfe, dass wir mit den Islamverbänden reden, denn die seien konservativ und rückwärtsgewandt.“ Doch obwohl die Verbände nur 15 bis 20 Prozent der Muslime organisieren, seien sie der „natürliche Ansprechpartner“ der Kirchen, verteidigte Schmude die Kontakte.

Der Ratinger Pfarrer Gert Ulrich Brinkmann kritisierte die EKD-Handreichung. Wer in der Diskussion zuerst über Mission rede, „bringt eine Schieflage herein“. Sie werde häufig als unberechtigter Eingriff in die religiöse Selbstbestimmung empfunden. „Mission ist Gespräch und Dialog.“

Kerstin Griese betonte, dass man die Religionsfreiheit in Deutschland nicht mit der Situation in der Türkei aufrechnen dürfe. „Trotzdem muss man klare Forderungen an die Türkei stellen. Denn die Stellung religiöser Minderheiten wie der Aleviten und der Christen ist besorgniserregend“, berichtete die Ratinger Bundestagsabgeordnete und EKD-Synodale von Gesprächen, die sie in der Türkei geführt hat.

Griese kündigte an, dass der Gesprächskreis Kirche und Politik demnächst die Diskussion fortsetzen würde. Zum nächsten Treffen werde ein Vertreter des Islams eingeladen.

31.10.08

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