Berlin

Jugendliche brauchen Anerkennung statt Videospiele

Kinder vor negativen Einflüssen schützen

Tagesspiegel: Streit um Killerspiele

„Die Politik sollte nicht so tun, als könne sie einen solch schrecklichen Vorfall wie in Emsdetten quasi gesetzlich verhindern“, sagte Kerstin Griese, Familien- und Jugendausschussvorsitzende des Bundestages. Sie könne nur einen punktuellen Beitrag dazu leisten, dass Kinder und Jugendliche vor negativen Einflüssen geschützt werden und mehr Anerkennung finden.

„Leider finden Kinder gerade in bildungsfernen Schichten immer weniger positive Anregungen im Elternhaus.“ Deshalb müssten sowohl die Elternkompetenzen gestärkt werden als auch den Schulen mehr Erziehungsaufgaben zugewiesen werden. „Nirgends werden die Schüler so früh in verschiedene Schulformen selektiert, wie in Deutschland. Statt anerkannt fühlen sich viele schlicht aussortiert.“ Laut Kerstin Griese müsse die Lehrerausbildung völlig neu akzentuiert werden. „Lehrer benötigen weitaus mehr Erziehungskompetenzen. Sie müssen lernen, Schülern positive Anerkennung zukommen zu lassen.“

Dringend sei der Aufbau eines flächendeckenden Ganztagsschulsystems. Leider hätten die Bundesländer das vor drei Jahren gestartete Vier-Milliarden-Programm des Bundes erst sehr halbherzig umgesetzt. „Viel zu viele Kinder, insbesondere Jungen, verbringen den gesamten Nachmittag mit Fernsehen, zweifelhaften Videos und Computerspielen.“

Von der „populistischen Forderung“, Gewaltvideospiele zu verbieten, hält Griese nichts. „Im Zeitalter des Internets ist das blauäugig.“ Allerdings hat sie Zweifel, ob sich die Einteilung der Spiele in Altersklassen bewährt habe. „Das ist zwar eine hilfreiche Richtschnur für Eltern.“ Gleichzeitig gelte die Kennzeichnung „ab 16“ oder „ab 18“ gewissermaßen als „Qualitätssiegel“ unter vielen Jugendlichen. „Alles andere wird als ,Kinderkram‘ angesehen.“ Bei vielen Videospielen sei es besser, sie als „jugendgefährdend“ zu indizieren. „Dann dürfen sie Jugendlichen nicht mehr zugänglich gemacht werden, und es gibt ein Werbeverbot. Damit wird ihre Verbreitung reduziert und die Entwicklung neuer Killerspiele für die Industrie uninteressant gemacht“, erklärte Kerstin Griese zusammen mit dem Jugendpolitik-Experten Sönke Rix.

Zeit online: Hilflose Gewalt

21.11.06

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