Berlin | Kirche

Kanzelrede zu Reformation und Freiheit

St. Matthäus-Kirche im Kulturforum Berlin (temporäres Altarbild von Christa Dichgans).

Ich rede aber nicht von deinem eigenen Gewissen, sondern von dem des andern. Denn warum sollte ich das Gewissen eines andern über meine Freiheit urteilen lassen? (1. Kor 10,29)

von Kerstin Griese

Liebe Gemeinde,

vielen Dank für die Einladung zu dieser Kanzelrede. Ich habe mich darüber sehr gefreut – bis ich merkte, wie schwierig der Text für den heutigen Abend ist. Wir sind als Politikerinnen und Politiker gewöhnt, zu vielen Themen etwas zu sagen, oft ein schnelles Statement zu geben. Aber eine Kanzelrede, das ist etwas anderes und ungleich herausfordernder. Denn Sie wollen ja auch von mir wissen, wie es als evangelische Christin in der Politik möglich ist, „glaub“würdig – im besten Sinne des Wortes – zu sein. Da geht es um Grundwerte und Grundfesten des Engagements in Politik und Kirche. Für mich hängt das sehr eng zusammen, denn mit dem Engagement in der evangelischen Jugendarbeit begann auch mein Interesse für Politik.

Für mich ist heute mein Glauben so etwas wie ein Kompass, eine Grundlage, nach der sich meine politischen Koordinaten orten. Aber aus der Bibel kann und soll man nicht die direkte Anweisung zum Abstimmungsverhalten im Plenum des Deutschen Bundestages ableiten. Dazu braucht es die Auseinandersetzung, die aktive Ortung durch denjenigen oder diejenige, die den Kompass nutzen will, und – das ist der Leitfaden dieser Reihe – dazu braucht es Freiheit und Mut, auch in der Politik.

Sie haben mich gebeten, über den Brief des Apostels Paulus an die Korinther zu sprechen, 1. Korinther 10, Vers 29. Dort heißt es:
29 Ich rede aber nicht von deinem eigenen Gewissen, sondern von dem des andern. Denn warum sollte ich das Gewissen eines andern über meine Freiheit urteilen lassen?
Ich will uns zum besseren Verständnis des Zusammenhanges den ganzen Abschnitt vorlesen, aus dem dieser Vers stammt, die Verse 23 bis 33:
23 Alles ist erlaubt, aber nicht alles dient zum Guten. Alles ist erlaubt, aber nicht alles baut auf.
24 Niemand suche das Seine, sondern was dem andern dient.
25 Alles, was auf dem Fleischmarkt verkauft wird, das esst und forscht nicht nach, damit ihr das Gewissen nicht beschwert.
26 Denn »die Erde ist des Herrn und was darinnen ist« (Psalm 24,1).
27 Wenn euch einer von den Ungläubigen einlädt und ihr wollt hingehen, so esst alles, was euch vorgesetzt wird, und forscht nicht nach, damit ihr das Gewissen nicht beschwert.
28 Wenn aber jemand zu euch sagen würde: Das ist Opferfleisch, so esst nicht davon, um dessentwillen, der es euch gesagt hat, und damit ihr das Gewissen nicht beschwert.
29 Ich rede aber nicht von deinem eigenen Gewissen, sondern von dem des andern. Denn warum sollte ich das Gewissen eines andern über meine Freiheit urteilen lassen?
30 Wenn ich's mit Danksagung genieße, was soll ich mich dann wegen etwas verlästern lassen, wofür ich danke?
31 Ob ihr nun esst oder trinkt oder was ihr auch tut, das tut alles zu Gottes Ehre.
32 Erregt keinen Anstoß, weder bei den Juden noch bei den Griechen noch bei der Gemeinde Gottes,
33 so wie auch ich jedermann in allem zu Gefallen lebe und suche nicht, was mir, sondern was vielen dient, damit sie gerettet werden.

Als ich diesen Predigttext quasi „zugeteilt“ bekommen habe, habe ich erst einmal ein paar Theologen gefragt und um Verstehenshilfe gebeten. Mir wurde klar, dass dieser Text nur aus seiner Zeit und seinem Zusammenhang heraus zu verstehen ist. Interessant ist aber: Was sagt uns ein Text aus der Antike heute? Welche Grundhaltung steht dahinter? Was hat er mit der Reformation Martin Luthers zu tun? Und wie kann ich das mit meinen heutigen Fragen und Problemen, dem Alltag und dem Beruf der Politikerin in Verbindung bringen. Und was kann man dazu heute in Berlin, am 8. Mai 2011, 66 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges und der Befreiung Deutschlands von der Nazi-Herrschaft sagen?
Deshalb will ich mit Ihnen zuerst in die Zeit eintauchen, in der Paulus an die Gemeinde in Korinth geschrieben hat. Und dann mit ihnen gemeinsam überlegen, was er mit dem eigenen Gewissen und dem eines anderen gemeint hat. Und zum dritten, was das mit der Freiheit zu tun hat, die uns in der Lutherdekade besonders und in der Politik eigentlich immer beschäftigt.

 1. 
Die Situation in Korinth, auf die sich Paulus hier bezieht, ist eine sehr spezifische. Es geht um das Essen von Fleisch aus Götzenopfern in den griechischen Tempeln der hellenistischen Zeit. Dass ein Christ – beziehungsweise ein Jude in der Nachfolge Jesu (der Begriff „Christen“ war da noch nicht verbreitet) – in die Lage kommt, solches Fleisch angeboten zu bekommen, geschieht nur, wenn er zu einem Gastmahl im Hause eines heidnischen Griechen eingeladen wird. Solche Einladungen zu Festgelagen waren allerdings in Korinth und anderen hellenistischen Großstädten üblich und häufig. Es war, wie wir heute vielleicht sagen würden, eine multikulturelle Stadt, vielleicht ein bisschen wie Berlin.
Auch Mitglieder der Christengemeinde bekamen solche Einladungen. Oft waren mehrere christliche Familien zu einem solchen Festmahl eingeladen. Das Fleisch konnte auf dem Markt gekauft worden sein, um direkt verwertet zu werden, aber auch im Anschluss an eine Opferhandlung weitergegeben worden sein. Dem Fleisch sah man das nicht an. Nur wenn der Gastgeber etwas dazu sagte, wurde es bekannt.
Unter den Christen, die an solchen Festmahlzeiten teilnahmen, gab es, wie sich herausstellte, zweierlei Gruppen: Die einen nahmen keinerlei Anstoß daran, wenn das Fleisch von „Götzenopfern“ stammte, denn ihr Gewissen sagte ihnen, dass diese Gottheiten der Griechen „nichts“ seien. Paulus nennt diese Leute die „Starken im Glauben“. Dann gab es aber solche, deren ängstliches Gewissen Anstoß daran nahm, dass Glaubensgenossen von dem Opferfleisch aus den Tempeln aßen. Sei es dass, sie sich wunderten, wie ein Christ so was tun könnte, sei es, dass sie es für ein Missachten des offenen Bekenntnisses zu Christus werteten, sei es schließlich, dass sie doch befürchteten, das Essen dieses heidnischen Opfers könnte einen in Berührung mit Dämonen bringen, die diesem Fleisch anhaften. Paulus unterscheidet diese Gruppe, die er „Schwache im Glauben“ nennt, nicht nach solchen Beweggründen. Diese Haltung der „Schwachen“ könnte man mit einem „ängstlichem Gewissen“ beschreiben. Wobei das Wort Angst ja mit „eng“ zusammenhängt.
Paulus selber sagt von vornherein und uneingeschränkt, dass er die Sichtweise der „Starken“ teilt, derjenigen, die sich die Freiheit nehmen, dieses Fleisch zu essen und sich nicht verunsichern lassen. Die heidnischen Götter zählen nicht, und das Fleisch der ihnen dargebrachten Opfer kann man essen wie jedes andere Fleisch auch.
Aber der Apostel kommt nun doch mit einem sehr speziellen Argument: Die „Starken“ sollen nichts tun, was das Gewissen der „Schwachen“ belastet und ihre Angst noch greifbarer machen könnte.
Dabei setzt er offensichtlich voraus, dass es im Augenblick gar nicht möglich ist, diese Schwachen so zu beeinflussen, dass auch sie „stark“ werden könnten. Er achtet die Ängstlichkeit der schwachen Gewissen und möchte, dass auch die anderen Glaubensgenossen in Korinth (und anderswo) sie achten.

 2. 
Was bedeutet das nun, das eigene Gewissen und das andere. Was darf man in Korinth, was darf man heute? „Alles ist erlaubt“, heißt es am Anfang dieses Abschnittes. Ja, wirklich „alles“ heißt es da. Aber nicht alles „erbaut“, baut die Gemeinschaft, das Zusammenleben auf, heißt es weiter.
Ist alles erlaubt? Ist es erlaubt, einen Menschen zu töten, halten wir ihn auch für noch so gewissenlos wie Osama bin Laden. Das haben sich sicherlich viele in dieser Woche gefragt. Ich fand es wichtig, dass ein Schlag gegen den Terrorismus gelingt, aber Freude über den Tod eines Menschen kann ich nicht empfinden.
Paulus verlangt uns einiges ab. Die Grenze für das Verhalten eines Menschen in der Nachfolge Jesu ist das Gewissen. Aber es geht nicht nur um sein Gewissen, das ihm die Freiheit des Handelns anbietet, sondern um das GEWISSEN DES ANDEREN, vor allem das Gewissen des Schwachen und Geängstigten.
Das ist ein ganz erstaunlicher, überraschender Gedanke: Sich am Gewissen des Anderen orientieren zu wollen und zu sollen, ist ein Impuls, der uns sonst nirgends in der antiken Welt und ihrer Philosophie begegnet. Es ist mehr als das, was in unserem Grundgesetz von den Abgeordneten erwartet wird. Dort heißt es in Artikel 38, Absatz 1:
„Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.
Unser Grundgesetz wurde nach den Erfahrungen des Scheiterns der Weimarer Republik und der Schrecken der Nazi-Herrschaft erarbeitet. Es wurde genau heute vor 62 Jahren, am 8. Mai 1949 vom Parlamentarischen Rat angenommen und trat am 23. Mai 1949 in Kraft. Damit war die Bundesrepublik Deutschland gegründet. Sowohl die Grundrechte in Artikeln 1 bis 19 und das Widerstandsrecht in Artikel 20 „gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen“ als auch die Gewissensunterwerfung und gleichzeitig Gewissensfreiheit des Abgeordneten sind aus den Erfahrungen der deutschen Geschichte im 20. Jahrhundert entstanden.
Für uns Abgeordnete ist der Artikel 38 auch heute noch sehr wichtig. Denn immer wieder gibt es Begehrlichkeiten. Ein großes Unternehmen im Wahlkreis meint, man sei den energieintensiven Produktionszweigen verpflichtet und müsse gegen eine Senkung der CO2-Emmissionen sein; die Hotelindustrie sieht den Weltuntergang voraus, wenn sie keine Extra-Wurst niedrigerer Steuern bekommt; die Apotheker hängen schwarze Tücher in ihre Schaufenster und die Ärzte machen den Patienten in den Wartezimmern Angst. Das sind oft nicht die Interessen der Schwachen und Geängstigten.
Es gibt natürlich auch Anliegen, denen ich mich gerne verbunden fühle. Erst gestern konnte ich eine tolle Freizeitanlage in meinem Wahlkreis mit eröffnen, die aus einer Industriebrache einen schönen und kreativen Begegnungsort für Menschen aller Generationen gemacht hat, finanziert von Bundes- und Landesmitteln für die soziale Stadt. Da gibt es – meines Erachtens zu Recht – Protest, wenn ausgerechnet dieses Programm „Soziale Stadt“ gekürzt werden soll. Und wenn die Wohlfahrtsverbände schildern, wie sich die Mittelstreichungen für Projekte mit Langzeitarbeitslosen auswirken, dann schlägt mein Herz – in aller Freiheit der Abgeordneten – für diese Anliegen.
Oft sind es die Schwachen in der Gesellschaft, die nicht die Mittel haben, um sich Gehör zu erschaffen. Es sind auch oft die, die sich mit der Demokratie kaum noch identifizieren können, weil ihr Vertrauen in Politik gesunken ist. Es sind aber die, für die sich zu engagieren mir ein besonderes Anliegen ist: Auch und gerade aus einer christlichen Grundhaltung heraus. Und manchmal ärgere ich mich über allzu platte Aktionen finanzstarker Lobbyisten so sehr, dass ich mich bewusst eher mit denen beschäftige, die nicht so laut, nicht so professionell und nicht so schick sind.
Es geht bei der Unterwerfung des Abgeordneten unter sein oder ihr Gewissen also darum, Verantwortung wahr zu nehmen. Den Kompass zu orten und selbst zu entscheiden, reden auch noch so viele auf einen ein oder bombardieren einen mit E-Mails.
Voraussetzung zur Übernahme von Verantwortung ist Freiheit, ohne Freiheit kann man sich nicht seinem Gewissen unterwerfen.
Es gibt im Bundestag immer wieder solche Entscheidungen, zum Beispiel über Bundeswehreinsätze im Ausland, die für viele von uns ein echter Gewissenskonflikt sind. Und wir haben in den letzten Jahren über viele Fragen zum Anfang und Ende des Lebens zu entscheiden gehabt: von der Stammzellforschung über die Patientenverfügungen und die Beratung bei Spätabtreibungen, in diesem Jahr voraussichtlich noch über die Präimplantationsdiagnostik und Organspenden. All das sind Fragen, wo das Gewissen gefragt ist und geprüft werden muss und wo am Ende doch nicht alle Abgeordneten, die sich als christlich einordnen, für die gleiche Bundestagsdrucksache stimmen, es aber sehr wohl begründen. Das empfinde ich als protestantische Freiheit.
Und hier kommt Paulus wieder dazu: das Gewissen ist eben mehr als nur das eigene Gewissen, es geht auch darum, das Gewissen des anderen zu achten. Sich am gewissen des Anderen zu orientieren, es zu achten, das heißt nicht: seine Meinung zu übernehmen oder bei Kontroversen klein bei zu geben. Aber es heißt, ihn oder sie zu verstehen, nachzuvollziehen, warum jemand anderer Meinung ist.
Zugegeben: das erfordert echt viel Geduld im parlamentarischen Alltag. Der lebt ja auch von der Zuspitzung, von der Schärfe des Wortes und ich will hier nicht einer Harmoniesoße das Wort reden. Man regt sich oft genug übereinander auf, unter den Fraktionen, zwischen Regierung und Opposition. Aber es sind meist die Sternstunden des Parlamentes, wo Debatten zu solchen „Gewissensthemen“ geführt werden, in denen sich besser zugehört wird, in denen weniger dazwischen gerufen wird und in denen sich oft überraschende Bündnisse quer durch die Fraktionen entwickeln.
Und wie sehr die Meinungsfreiheit Grundlage der Demokratie ist, zeigt sich an den Menschen, die in Nordafrika und in arabischen Ländern auf die Straße gehen, weil sie nicht offen ihre Meinung sagen könne, weil sie nicht geachtet werden von ihren Regierenden. Freiheit ist eben sehr konkret. Wie sehr man sie vermisst, merkt man, wenn sie fehlt.

 3. 
Martin Luther hat sich intensiv mit der Freiheit beschäftigt. Er hat diese offenen Fragen in der Spannungszone zwischen „Glauben“ und „Liebe“ bewegt. In seinem schon 1520 geschriebenen Text „Von der Freiheit eines Christenmenschen“ – der Anlass war übrigens der Bann des Papstes gegen Luther - stellt er zwei Sätze zueinander:
„Ein Christenmensch ist ein freier Herr aller Dinge und niemand untertan“ und „Ein Christenmensch ist ein dienstbarer Knecht aller Dinge und jedermann untertan.“
Das beinhaltet beides: frei durch den Glauben, niemandem untertan. Und frei zum Dienst am Mitmenschen, aus Liebe, zum Dienst am Schwachen und Geängstigten wie es bei Paulus schon gefordert ist. Freiheit ist nicht bindungslos, Freiheit braucht Beziehungen zu Menschen.
Evangelische Freiheit in doppelter Weise: als Freiheit von der Welt und als Freiheit für die Welt.
Als Luther das schrieb und ganz und gar theologisch meinte, nahmen die Bauern das wörtlich und beriefen sich darauf in ihrer Forderung, die Leibeigenschaft von ihren Grundherren zu beenden.
Die Gewissensfreiheit der Bibel, von der wir für die Politik etwas lernen können, entsteht aus der Liebe zum Nächsten, aus Rücksichtnahme. Hier sind Mitmenschlichkeit, Mitdenken und Mitfühlen gemeint. Es ist eine Freiheit, die im täglichen Leben trägt.
Das Herz gilt in der Bibel auch als Sitz des Gewissens. Freiheit heißt also auch, sich an seinem Herzen zu orientieren. „Da wird auch dein Herz sein“ (nach Matthäus 6,21), unter diesem Motto wird der nächste Evangelische Kirchentag in Dresden in ein paar Wochen stattfinden. Das passt zum heutigen Text.
Wir haben in der evangelischen Jugendarbeit gerne ein Lied gesungen, was vielleicht manche nicht mehr hören können, aber es passt heute so gut: „Liebe ist nicht nur ein Wort. Liebe, das sind Worte und Taten.“ Und in der nächsten Strophe heißt es: „Freiheit ist nicht nur ein Wort. Freiheit, das sind Worte und Taten.“ Und es gibt in unserem Land genügend Notwendigkeiten, wo Taten erforderlich sind, zum Beispiel damit Armut bekämpft wird, damit alle Kinder eine gleiche Chance haben, damit Pflegebedürftige anständig versorgt werden, damit Menschen mit Behinderung echte Teilhabe leben können und vieles mehr.
Freiheit und Liebe gehören zusammen. Friedrich von Bodelschwingh hat es so formuliert: „Die erste Frage sollte nicht sein: Was kann ich von dem Nächsten erwarten? Sondern: Was kann der nächste von mir erwarten?“
Die Konsequenz der reformatorischen Freiheit ist nicht Egoismus, sondern die Freiheit zum Dienst am Nächsten. Luthers Kritik führte auch dazu, dass für uns evangelische Christinnen und Christen das soziale Engagement ein ganz wichtiger Bestandteil des Glaubens ist, eben „gut evangelisch“. Aus den ersten Krankenhäusern und der Armenfürsorge wurde eine große und vielfältige Landschaft diakonischen sozialen Engagements. Weltweites Engagement in der Entwicklungszusammenarbeit und Katastrophenhilfe sind für uns tätiger Dienst am Nächsten.
Für mich heißt das in der Politik: denen eine Stimme zu geben, die keine Lobby haben, Schwache zu stärken, Menschen in Not zu helfen und sozialen Zusammenhalt zu ermöglichen.
Gott meint es gut mit uns und gesteht uns eine große Freiheit zu. Damit haben wir auch gleichzeitig die Verantwortung, mit dieser Freiheit umzugehen. Luther wollte keine unmündigen Angepassten, sondern Freiheit und Liebe, Gewissen und Verantwortung gehören zusammen. Gesellschaftliche Verantwortung ist gefordert.
Dieser Text hat mich nach der Beschäftigung ganz froh gemacht. Wenn man sich im politischen Alltag manchmal im Klein-Klein verliert und über Halbsätze streiten muss, wenn man keine Mehrheiten hat und frustriert ist, wenn man sich über die eigenen Parteifreunde – oder über die anderen – ärgert, dann bleibt doch in der Freiheit des Christenmenschen die Zusage Gottes auf seine Liebe zu den Menschen, die Motivation, sich zu engagieren, als mündige Bürgerinnen und Bürger. Sich zu engagieren, wie es im letzten Satz des heutigen Bibelabschnittes heißt, nicht um das zu suchen: „was mir, sondern was vielen dient, damit sie gerettet werden.“

Amen.

Sonntag, 8. Mai 2011, St. Matthäus-Kirche im Kulturforum Berlin, Predigtreihe „FREI:MUT – Kanzelreden zu Reformation und Freiheit“ (ein Kooperationsprojekt des Kulturbüros der EKD, der Stiftung St. Matthäus und des Bevollmächtigen des Rates der EKD bei der Bundesrepublik Deutschland und der EU)

Predigtreihe Frei:Mut
Luther 2017

8.5.11

Home