Berlin

Bedarfsdeckende Betreuung hat Priorität

Renate Schmidt schlägt ein einkommensabhängiges Elterngeld vor

Vorsichtig äußerte sich Kerstin Griese zum Vorschlag, das Erziehungsgeld durch ein einkommensabhängiges Elterngeld zu ersetzen. Die Priorität der Familienpolitik müsse es sein, das Betreuungsangebot für Kinder zu verbessern, sagte sie der Berliner Zeitung. Sie halte es nicht für den richtigen Weg, wenn erhebliche Finanzmittel dafür eingesetzt würden, damit Eltern zu Hause bleiben.

„Gerade das skandinavische Beispiel zeigt, dass eine bedarfsgerechte und verlässliche öffentliche Betreuungsinfrastruktur die Voraussetzung für eine hohe Geburtenrate ist“, unterstrich die Familienausschussvorsitzende. Nur wenn junge Frauen die Gewissheit hätten, ihren Beruf mit einer Familie vereinbaren zu können, würden sie ihren Kinderwunsch tatsächlich realisieren.

„Bei den finanziellen Transferleistungen für Familien liegen wir EU-weit in der Spitzengruppe“, so Griese. „Im Vergleich mit unseren west- und nordeuropäischen Nachbarn sind wir in Hinblick auf die Zahl unserer Kinderbetreuungseinrichtungen ein ,Entwicklungsland ‘.“ Deswegen müsse die Schaffung eines tatsächlich bedarfs- und flächendeckenden Betreuungsangebotes für Unter-Dreijährige absolute Priorität haben. „Wir können ja nicht ein Jahr lang Elterngeld zahlen, und die Familien anschließend wieder in die Ungewissheit entlassen. Wer nicht nach spätestens einem Jahr wieder in den Beruf einsteigen kann, verliert sehr schnell den Anschluss.“

Die SPD-Politikerin hält das Elterngeld in der Kombination mit öffentlichen Betreuungsangeboten für eine interessante Idee. „Damit können wir erreichen, dass mehr Väter ihre Chance nutzen, sich um das Kind, Familie und Haushalt zu kümmern.“ Gerade die gut ausgebildeten jungen Frauen seien nicht mehr bereit, die Verantwortung für das Kind alleine zu übernahmen. Griese schlägt deshalb vor, dass nach schwedischem Vorbild ein Viertel der Elternzeit für den Vater reserviert werde.

Bedenken, dass ein Elterngeld sozial ungerecht sei, teilt Kerstin Griese nicht. „Die Geburtenrate in den finanziell schlechter gestellten Schichten ist weit überdurchschnittlich. Hier wirken die finanziellen Familienleistungen, die die rot-grüne Koalition Schritt für Schritt erheblich erhöht hat.“

Berliner Zeitung: Rot-Grün plant Elterngeld
FR: Von den Schweden das Kinderkriegen lernen
Die Welt: Teure Kopfgeburt
Die Zeit: Solidarität mangelhaft

6.9.04

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