Berlin

Alle wissen schon Bescheid

Seit einem halben Jahrhundert wandern Menschen nach Deutschland ein, zu deren Traditionen die Beschneidung ihrer Jungen gehört

Berliner Republik: Alle wissen schon Bescheid

Kerstin Griese setzt sich dafür ein, mit den jüdischen und muslimischen Bürgern in der Frage der Beschneidung in einen Dialog zu treten – „und nicht nur über sie zu reden“. In einem Artikel für das Debattenmagazin Berliner Republik stellt Griese fest: „Zwar wandern seit rund fünfzig Jahren Menschen aus muslimischen Ländern ein, jedoch scheint die religiös-kulturelle Praxis der Muslime der Mehrheitsgesellschaft immer noch ein Rätsel zu sein.“ Gleichzeit äußert sich Kerstin Griese erstaunt darüber, wie viele Politiker, Publizisten und Nutzer sozialer Medien in kürzester Zeit Antworten zu dem religiösen Ritus der Beschneidung parat hatten. Für die SPD-Religionsbeauftragte ist es nicht hinnehmbar, Juden und Muslimen pauschal zu unterstellen, das Wohl ihrer Kinder zu missachten. Die Beschneidung der Jungen dürfe weder ins Ausland noch in die Hinterhöfe gedrängt werden.

„Gerade bei ethischen Themen ist derjenige fehl am Platz, der anderen seine eigene Position vorschreiben möchte“, beschreibt Kerstin Griese ihre Haltung als Bundestagsabgeordnete. „Stattdessen tut ein Parlament gut daran, sich über Grenzen, Leitplanken und Beratungsangebote Gedanken zu machen, damit der Einzelne eine für sich ethisch vertretbare Antwort findet.“ In der Frage der Beschneidung lauten die Leitplanken bestmögliche medizinische Betreuung der Jungen, Schmerzbetäubung, Beratung der Eltern sowie ein Einspruchsrecht des Jungen, vertritt Griese die Position des Ethikrates, auf dessen Empfehlungen der Gesetzesvorschlag der Bundesregierung basiert. Griese weiß, dass auch das einige Gläubige als Zumutung empfinden werden. Es müsse aber klar sein, „dass das Wohl des Kindes an erster Stelle steht“, schreibt Kerstin Griese in dem gemeinsam mit Harald Schrapers verfassten Berliner-Republik-Aufsatz.

Berliner Republik

7.10.12

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