Berlin

Betreuungsgeld vor dem Aus

„Das Konstrukt wird immer absurder“

„Die Koalition hat sich vollständig in ihrem Betreuungsgeld-Kuddelmuddel verheddert“, stellt die SPD-Familienpolitikerin Kerstin Griese fest. „Die CDU muss endlich merken: Die Idee ist auch dann nicht zu retten, wenn man Vorsorgeuntersuchungen und Riesterrente oben drauf packt. Sondern das Konstrukt wird immer absurder.“

Kerstin Griese kann die Haltung insbesondere der Frauen aus der CDU und der FDP gut verstehen. „Hier geht es um eine grundlegende Wertorientierung. Welches Bild habe ich von jungen Frauen und Müttern? Sie mit 150 Euro Taschengeld davon abzuhalten, selbst erwerbstätig zu sein, ist mehr als beschämend.“ Griese hat deshalb Verständnis für Forderungen einzelner Koalitionsabgeordneter, die Abstimmung im Bundestag frei zu geben.

Besonders ärgerlich findet Griese die Kopplung von Betreuungsgeld und kinderärztlichen Vorsorgeuntersuchungen. „Auf der einen Seite will man Kinder von den Förderangeboten in einer Kinderkrippe abhalten, gleichzeitig will man sie aber bei den U-Untersuchungen sehen. Das versteht kein Mensch.“ Natürlich habe jedes Kind das Recht auf eine bestmögliche Gesundheitsversorgung und auf regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen. „Das kann man aber nicht mit der Streichung von staatlichen Leistungen erreichen, sondern mit einem konsequenten Nachhalten der Kinderarztbesuche.“ Griese erinnert daran, dass die Teilnahme an den Us in den meisten Bundesländern längst obligatorisch ist. In NRW sei die Inanspruchnahme der Vorsorgeuntersuchungen erheblich gestiegen, seit die Eltern schriftlich an die Termine erinnert werden und gegebenenfalls das Jugendamt eingeschaltet wird. „Das ist damals gegen die Vorbehalte konservativer Familienpolitiker eingeführt worden, die einen unzulässigen Eingriff in das elterliche Erziehungsrecht vermuteten“, erinnert sich die Ratinger Bundestagsabgeordnete.

Kerstin Griese hofft, dass die Betreuungsgeldverabschiedung durch den Koalitionsstreit möglichst lange hinausgezögert wird. „Dann bliebe es nur eine ganz kurze Episode. Denn nach der nächsten Bundestagswahl wird das Betreuungsgeldgesetz als allererstes wieder abgeschafft“, ist Griese überzeugt.

faz.net: Abstimmung im Bundestag abermals verschoben

25.9.12

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