Sie sind jung. Sie unterstützen die
Reformen des Kanzlers, sie wollen die Partei erneuern, sie
wollen nur das Beste für die SPD.
Trotzdem oder deshalb werden die
Mitglieder des "Netzwerks" von älteren Sozialdemokraten mit
Argwohn betrachtet. Vielleicht auch, weil Sigmar Gabriel
Netzwerker ist. Gabriels angebliche Intrige, die
Generalsekretär Olaf Scholz (35) das schlimme Wahlergebnis
zugefügt haben soll, ist längst nicht vergessen. "Das war
keine Intrige, das war Anarchie", sagt Kerstin Griese (36),
Abgeordnete aus NRW, Mitglied im SPD-Vorstand und im Netzwerk.
Ein gewisses Misstrauen wirke jedoch nach, obwohl man Olaf
Scholz Unterstützung zugesichert habe.
Aber das Netzwerk, rund 40 mitteljunge
SPD-Politiker, die zwischen dem rechten und dem linken Flügel
der Partei eine sozialdemokratische Bleibe suchen, ist
Misstrauen gewohnt. Manche Altvorderen wittern eine Bande
karrierelüsterner Besserwisser.
"Die neue SPD: Menschen stärken, Wege
öffnen." Als die Netzwerker eine Art Entwurf für ein neues
Grundsatzprogramm vorstellten, lösten sie wenig Freude aus.
"Schicki-Mickis" lautete ein Vorwurf von vielen. "Die übliche
Abwehrreaktion. Das legt sich in der inhaltlichen
Auseinandersetzung", sagt Griese. Immerhin ist es den
Nachfolgern der 68er gelungen, ihr braves Image abzustreifen.
Auch das hat sicherlich mit Sigmar Gabriel (44) zu tun.
Der Ex-Ministerpräsident Niedersachsens
ragt aus dem Führungszirkel um Ute Vogt (39), SPD-Landeschefin
in Baden-Württemberg, und Christoph Matschie (42), Landeschef
in Thüringen, als wortmächtigster Hoffnungsträger heraus. Wenn
es darum geht, wer einmal das Erbe der "Generation Gerd"
antreten solle, wird sein Name mit beachtli-chem Automatismus
genannt.
Noch aber stehen die Alten im Weg. Mit
Gründung der Grünen verlor die SPD praktisch eine ganze
Generation. Diese Kluft müssen die Netzwerker nun überwinden.
Schritt für Schritt. Ute Vogt ist jetzt stellvertretende
Parteivorsitzende, Matschie will auch einen Schritt machen.
Gemeinsam mit NRW-Landeschef Harald Schartau strebt er ins
Präsidium.
Wenn am 8. Dezember gewählt wird, wäre
auch Gabriel gern dabei. Qua Quote stehen aber nur zwei Plätze
für Männer zur Verfügung. Gabriel versichert, dass er
niemanden verdrängen wolle. Allenfalls: Finanzminister Hans
Eichel könnte darauf verzichten, sich wählen zu lassen und als
Berater im Präsidium bleiben. Aber ob er den möglichen
Imageverlust in Kauf nimmt? "Wir werden Hans Eichel
ansprechen", sagt Kerstin Griese und lächelt wenig
hoffnungsfroh. 27.11.2003 Von
WAZ-Korrespondentin Angela Gareis, Berlin |