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Jeder Schüler der Klasse 4a der
Gerhard-Tersteegen-Schule übergab der
SPD-Bundestagsabgeordneten Kerstin Griese am Freitag
eine eigene Liste. An den Nachmittagen und in ihrer
Freizeit waren die Schüler losgezogen, um einen Beitrag
für den Frieden zu leisten. WAZ-Bild: Sonja
Glaser-Stryak
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Baris ist Türkisch und heißt Frieden. Sagt
Gizem. Und Frieden sei das, um was es geht. Das sagen alle. Die
komplette 4a der Gerhard-Tersteegen-Schule in Hetterscheidt. Und
deshalb haben sie sich aufgemacht, um etwas für den Frieden zu tun -
und Unterschriften gesammelt. Mehr als 600.
Ganz genau 611 - bis vergangenen Donnerstag.
Mittlerweile allerdings sind noch einige dazu gekommen. Ganz sicher
eine - die von Kerstin Griese. "Falls Du nicht weißt, wer Kerstin
Griese ist", schreibt Marcel auf einem großen blauen Friedensplakat,
das an der Tür des Klassenraums hängt, "sie ist eine Abgeordnete vom
Bundestag."
Und seit gestern ist sie zugleich eine Art
Kurier im Dienste der Schüler, hat sie doch die Aufgabe übernommen,
die Unterschriften der Hetterscheidter Grundschüler Bundeskanzler
Gerhard Schröder zu übergeben. Irgendwann in der kom-menden Woche.
Informiert, sagt die Sozialdemokratin, sei er bereits.
Warum aber Unterschriften? Und was wissen
Grundschüler in Heiligenhaus vom Krieg im Irak? Das vorweg: Sie
wissen viel. Sehr viel. Etwa, dass "der Saddam Doppelgänger hat, die
dann abgeknallt werden, während er im sicheren Bunker sitzt". Oder:
"Es geht doch da nur um Öl." Und: "Eigentlich sollten auch Bush und
Blair ihre Waffen vernichten müssen."
Aufgeschnappt und nacherzählt? Keineswegs.
"Ich gucke jeden Abend die Nachrichten um 20 Uhr", sagt Marvin - und
auf Nachfrage bestätigen das fast alle Schüler. Sie wollen
Informationen, verstehen um was es geht - und lassen sich dabei,
erzählt Marvin weiter, auch nicht von "Wörtern abschrecken, die wir
noch nicht verstehen". Exil beispielsweise.
Und immer wieder kommt im Gespräch der eine
Satz: "Krieg bringt doch nichts, da bringt man doch eigentlich nur
Unschuldige um."
Picassos "Kind mit Taube" habe die Diskussion
eingeläutet. Marvin: "Wir sprachen über das Mädchen und warum sie
wohl so traurig ist - und dann waren wir beim Irak-Krieg." Und alle
gemeinsam beschlossen, dass "wir nicht schlapp auf dem Stuhl sitzen
möchten, sondern etwas tun wollen", sagt Sarah. Sie entwarfen Texte
für eine Unterschriftenliste und entschieden sich für die Fassung
Fabians: "Bitte helft uns", heißt es dort unter anderem.
Und dann? Dann marschierten sie los. Suchten
Hilfe. Nach der Schule, nach den Hausaufgaben. Fragten Nachbarn,
Bauarbeiter und Trainer, überzeugten andere Kinder und Verwandte.
Meistens. Mona: "Meine Leiterin beim Kunstradfahren hat nicht
unterschrieben, obwohl ihr Vater im Krieg gestorben ist. Das habe
ich nicht verstanden."
Eine Einstellung, die vielen begegnete.
Svenja: "Eine Frau sagte sie sei gegen den Krieg, doch
unterschreiben wollte sie nicht." Kinder dagegen, Freunde, Bekannte
- "die haben alle mitgemacht".
Eine Einstellung, eine Aktion, für die
Kerstin Griese lobende Worte fand: "Ich finde es toll, was ihr hier
geleistet habt. Und ich bin sicher, dass der Bundeskanzler
begeistert sein wird."
Mittels Foto will sie die Übergabe
dokumentieren, den Hetterscheidter Schülern einen Brief schreiben -
"ich werde euch über alles informieren".
Knallhart dann die Fragen der Zehn- bis
Zwölfjährigen an die Bundespolitikerin: Was würde sie wohl tun, wenn
sie US-Präsidentin wäre? Was macht der Bundestag - und was gibt es
von dort Neues zum Krieg? Die Antwort Grieses - vielleicht ein wenig
pauschal: "Ich hätte den Krieg nicht gewollt, hätte verhandelt."
Und im Bundestag rede man derzeit vor allem
über die deutschen Soldaten in der Nähe des Irak - "in der nächsten
Woche geht es damit wohl weiter".
Konkreter dann die eigentliche Handlung:
Kerstin Griese setzte ihre Unterschrift auf eine der Schülerlisten.
"Cool", sagt Marvin. Und: "Mal gucken, was der Schröder meint."
tan 28.03.2003 |