Die SPD steckt im Umfragetief, Kanzler
Schröder steht im Mittelpunkt der Kritik. Die WAZ sprach darüber mit
der Velberter SPD-Bundestagsabgeordneten Kerstin Griese (36),
Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Familie, Senioren, Frauen
und Jugend.
WAZ: Frau Griese, kennen Sie den "Steuersong"
von Elmar Brandt?
Griese: Humor ist, wenn man trotzdem lacht. .
.
WAZ: Wie bitte?
Griese: Ich muss schon zugeben, dass ich das
Lied ganz witzig finde, und auch die Kanzler-Imitationen von Elmar
Brandt im Radio sind grandios. Dass Gerhard Schröder aber seine
Probleme mit dem Lied hat, kann ich verstehen, wird er doch darin
persönlich angegriffen.
WAZ: Aber die Steuern will er doch
erhöhen?
Griese: Vor allem will der Bundeskanzler
sparen. Und dass das nötig ist, erkennen die Bürger auch an. Wir
brauchen das Geld, etwa für Bildung und Kinderbetreuung, damit der
Staat handlungsfähig bleiben kann.
WAZ: Wäre da nicht die Einführung einer
Vermögenssteuer sinnvoll? Der Bundeskanzler ist ja dagegen. . .
Griese: Ich bin durchaus dafür,
Steuer-Subventionen für Besserverdienende zu kürzen. Die Idee von
Ministerpräsident Steinbrück, Bürger mit einem Privatvermögen von
über 1 Mio E stärker zu belasten und das Geld zu zwei Dritteln in
die Bildung und zu einem Drittel in die Kommunen zu stecken, finde
ich gut.
WAZ: Warum herrscht in der Bundesregierung
derzeit Chaos? Und warum wird in der SPD soviel gestritten?
Griese: Das Erscheinungsbild ist längst nicht
so schlecht, wie es von manchen dargestellt wird. Und einen Streit
beispielsweise zwischen Gerhard Schröder und Franz Müntefering gibt
es nicht. Richtig ist aber, dass wir mehr Geschlossenheit brauchen,
vor allem auch im Parteivorstand.
WAZ: Was sagen denn die Leute hier im
Wahlkreis zur Politik der SPD?
Griese: Vor allem von denjenigen, die von den
Sparmaßnahmen betroffen sind, bekomme ich viele Briefe, werde ich
oft angesprochen - darunter beispielsweise von den Apothekern. Mit
der Kritik setze ich mich intensiv auseinander, beantworte die
Schreiben, vereinbare Treffen.
WAZ: Und was sagen die Genossen vor Ort?
Griese: Dort sind die Sparmaßnahmen
verstanden worden. Was allerdings eingefordert wird, ist eine
klarere Linie in der Bundespolitik. Zu Recht.
WAZ: Braucht Kanzler Schröder Urlaub?
Griese: Öffentlich Tipps über seine
Freizeitgestaltung geben möchte ich nicht. Fakt ist jedoch, dass er
einen schweren Wahlkampf und schwere Koalitionsverhandlungen hinter
sich und seither eine Sieben-Tage-Woche hat. Ich würde es ihm von
Herzen gönnen, über Weihnachten mal ein paar Tage freizumachen.
M.M. 13.12.2002 |