Niederberg/Ratingen

Frauen in neuen Berufen

Stammtisch Frauennetzwerk: Politik und Praxis im Gespräch

„Meine Eltern waren wenig begeistert, als ich mich für Technik interessierte“, sagt Nadine Ebel. „Mein Bruder hat immer an Computern rumgeschraubt, ich fand das faszinierend.“ Nadine Ebel arbeitet heute als Systemberaterin. Stephanie Stark hat Grafik-Design studiert und hat inzwischen ihr eigenes Firmennetzwerk. „Alle arbeiten zu Hause – wir sind über E-mail miteinander vernetzt. Die einzelnen Projekte werden dann im Team, je nachdem was gebraucht wird, unter uns aufgeteilt.“ Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit mit Männern kennt sie nicht. „Dass mich ein Kunde für eine Sekretärin gehalten hat, ist zwar auch schon mal vorgekommen – aber generell gibt es da eigentlich kein Akzeptanzproblem.“

Ellen Sessar-Karpp und Stephanie Stark.

Rund 30 Frauen sind an diesem Abend zusammengekommen, um sich über die Situation von Frauen in den neuen Berufen zu informieren. Das nur rund 14 Prozent der Auszubildenden in den IT-Berufen Mädchen sind, ist für Ellen Sessar-Karpp vom Kompetenzzentrum Frauen in Informationsgesellschaft und Technologie, eine Herausforderung. „Es ist leider immer noch ein Problem, dass in den Schulen den Mädchen zu wenig Mut gemacht wird, den Schritt hin zu den neuen Berufen zu gehen“, ist ihre Erfahrung. Die Sozialwissenschaftlerin hat sich zum Ziel gesetzt, diesen Mut zu fördern. Mit Veranstaltungen, Projektwochen und verschiedenen Netzinitiativen versucht sie, die Attraktivität dieser Berufe auch für Mädchen zu vermitteln. „Es ist erstaunlich: da kommen dann bis zu 1000 Mädchen und sind sehr interessiert – es ist ja nicht so, als würden die Mädchen sich nicht mit Computern beschäftigen.“

Sandra Pfister, die gerade eine Ausbildung als online-Redakteurin macht, ist von der Technik weniger begeistert. „Ich hätte nicht gedacht, das ich auch soviel HTML lernen muss. Aber wenn das Redaktionssystem nicht das macht, was ich will, brauche ich das natürlich.“ Sandra Pfister, die Romanistik und Germanistik studiert hat, fasziniert die Schnelligkeit des Mediums Internet. „Was ich schreibe, ist sofort im Netz – auch als Volontärin. Da guckt kein Chefredakteur drüber. Das ist natürlich ganz schön stressig – gerade wenn es mal schiefgeht und es jemand merkt.“

Ob es denn sinnvoller wäre, in der Schule mehr Informatik und Computerkurse nur für Mädchen anzubieten, lautet eine Frage aus dem Publikum. Dass dies ein Weg sein könnte, um mehr Mädchen an die neuen Berufe in der IT-Branche heranzuführen, bestätigt Sessar-Karpp. „Die Untersuchungen bestätigen immer noch, dass Jungen in solchen Kursen häufiger dran genommen werden und sich insgesamt mehr mit ihnen beschäftigt wird, als mit den Mädchen. Die fühlen sich dann natürlich nicht ernst genommen und verlieren die Lust und den Spaß.“

Brigitte Speth, Landtagsabgeordnete und Bildungspolitikerin, kennt diese Probleme aus eigener Anschauung gut. „Ich bin von Haus aus Diplom-Physikerin. Damals war ich eine der ganz wenigen Frauen, die in Aachen Naturwissenschaften studiert hat. Ich war schon so eine Art Exot.“ Das sei heute nicht mehr so – aber eine spezielle Förderung für Mädchen scheine immer noch notwendig. „Gute Schulen bieten inzwischen geschlechtergetrennte Unterrichtseinheiten an – man sollte das aber vor Ort entscheiden. Starr von oben verordnete Lehrpläne bringen da nichts.“

Sandra Pfister und Kerstin Griese.

Kerstin Griese, Bundestagsabgeordnete und Initiatorin des Projekts „Frauen mischen mit – ran an die Zukunft“ hofft, dass durch eine stärkere Vernetzung der Aktivitäten Frauen sich auch in den neuen Berufen durchsetzen. „Dazu müssen wir uns noch mehr anstrengen“, so ihr Fazit des Abends. Dass sich auf Dauer auch Frauen nicht aufhalten lassen, davon ist sie überzeugt. Alle anderen Teilnehmerinnen auch.

Stammtisch Frauennetzwerk

19.2.02

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