Berlin

Fast zwei Milliarden Euro mehr für Familien

Kerstin Griese fordert die Union auf, zielgenaue Finanzierungsvorschläge zu machen

SPD: Gute Betreuung ab eins. Unser Konzept

Rheinische Post: Kommunen sollen Geld bekommen

Die Familienausschussvorsitzende Kerstin Griese lehnt den Vorschlag des bayerischen Ministerpräsidenten ab, den Ländern einen halben Mehrwertsteuer-Prozentpunkt für die Kinderbetreuung zur Verfügung zu stellen. Das Mehrwertsteueraufkommen habe mit der Anzahl der Kinder überhaupt nichts zu tun, sagte sie der Rheinischen Post. „Die Kommunen müssen entsprechend der Zahl der unter Sechsjährigen Finanzmittel erhalten. Nur das ist gerecht und zielgenau. Dafür müssen wir den Artikel 106 des Grundgesetzes erweitern.“

Kerstin Griese weist die Behauptung zurück, dass das SPD-Konzept allein auf Umverteilungen basiere. „Unser familienpolitisches Finanzkonzept sieht vor: es gibt mehr Geld für Familien. Und zwar fast zwei Milliarden Euro pro Jahr.“ Mit diesem Betrag könne man das Kindergeld um zehn Euro pro Kind erhöhen. „Oder man steckt das Geld in die Bildungs- und Betreuungsinfrastruktur – damit das Geld unmittelbar bei den Kindern ankommt.“ Das sei wesentlich sinnvoller, da Deutschland im europäischen Vergleich erschreckend wenig in die Infrastruktur investiere. „Dagegen ist unser Kindergeld jetzt schon das zweithöchste in der EU“, betont die SPD-Familienexpertin.

Leider wirke die CDU/CSU nach der Vorlage des SPD-Finanzkonzeptes wie ein „aufgescheuchter Hühnerhaufen“. Kerstin Griese: „Die einen wollen einen Kindergelderhöhung, und die anderen sagen, dies sei nie geplant gewesen. Die einen lehnen Bundeshilfen für den Betreuungsausbau ab, die anderen fordern zusätzliches Geld dafür.“

Griese fordert die Union auf, zum heutigen Koalitionsgespräch „zu Ende gedachte“ Vorschläge für die Kinderbetreuung mitzubringen. „Statt Verteilvorschläge zu machen, müssen auch die Unions-Ministerpräsidenten sagen, woher das Geld kommt. Das ist der erste Schritt, der vor dem zweiten kommen muss.“

Den Kindern und Eltern sei nicht mit unverbindlichen Ankündigungen geholfen, sondern nur mit tatsächlich finanzierbaren Taten. „Der Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz ab dem zweiten Lebensjahr ist notwendig, um den Anschluss an das Elterngeld zu garantieren“, unterstreicht die Velberter Bundestagsabgeordnete.

In einem Brief an die SPD-Ortsvereine in ihrem Wahlkreis hat Griese die Eckpunkte des sozialdemokratischen Finanzkonzeptes wie folgt beschrieben:

1. Was wir wollen
• Wir wollen einen Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz ab dem zweiten Lebensjahr, der unmittelbar an die 12- bis 14-monatige Elterngeldzeit anschließt. Das kostet 4,2 Milliarden Euro.
• Mindestens genauso wichtig ist für uns die qualitative Verbesserung der Betreuungsangebote. Dazu zählen ein höheres Ausbildungsniveau der ErzieherInnen und die damit verbundene bessere Vergütung, eine bessere Weiterbildung, mehr Sprachförderung sowie bessere Betreuungsschlüssel. Kosten: 0,8 Milliarden Euro.
• Langfristig muss auch die Beitragsfreiheit für Kitas kommen. Sie kostet für die Drei- bis Sechsjährigen etwa 1,4 Milliarden Euro.

2. Wie wir es bezahlen
• Durch die demografische Entwicklung (zurückgehende Kinderzahlen) sparen wir allein beim Kindergeld 0,6 Milliarden Euro. Die Gesamtsumme des eingesparten Geldes dürfte deutlich höher liegen. Das Deutsche Jugendinstitut rechnet mit 3,6 Milliarden. Dieses Geld soll in die Infrastruktur gesteckt werden.
• Es soll nicht nur Umschichtungen geben, sondern es gibt mehr Geld für Familien: und zwar 1,9 Milliarden Euro. Mit diesem Betrag könnte man das Kindergeld um zehn Euro pro Kind erhöhen. Oder man steckt das Geld in die Bildungs- und Betreuungsinfrastruktur – damit das Geld unmittelbar bei den Kindern ankommt. Da Deutschland im EU-Vergleich sehr viel Geld direkt an die Familien gibt, aber erschreckend wenig in die Infrastruktur investiert, spricht sich die SPD für letzteres aus.
• Ein Verfassungsgerichtsurteil zwingt uns, das sächliche Existenzminimum eines Kindes steuerfrei zu stellen. Dieser Freibetrag muss wegen der allgemeinen Preisentwicklung demnächst angehoben werden. Dies betrifft jedoch nur recht wenige Besserverdienende (und zwar 11 Prozent der Kinder, für die anderen 89 Prozent wird stattdessen Kindergeld gezahlt). Deswegen ist es sozial gerecht, den Betreuungsfreibetrag um 300 Euro pro Jahr zu kürzen. Dass bringt 0,3 Milliarden Euro.
• Wir werden das Ehegattensplitting reformieren. Denn es ist eine äußerst zielungenaue Form der Familienförderung: in mehr als 40 Prozent der davon profitierenden Haushalte leben keine Kinder (mehr), Familien mit unverheirateten Eltern bekommen nichts, Besserverdienende profitieren weit überdurchschnittlich und es behindert die Erwerbstätigkeit insbesondere von Müttern. Das von Teilen der Union vorgeschlagene Familiensplitting würde daran kaum etwas ändern, sondern es würde noch mehr Geld für besserverdienende Familien umverteilt. Deswegen haben wir uns stattdessen für eine generelle Kappung der Splittingvorteile entschieden. Wir wollen ein so genanntes „Realsplitting“, bei dem maximal 15.000 Euro auf den/die Ehepartner/-in übertragen werden. Damit bleiben Alleinverdiener-Ehen mit bis zu 30.000 Euro Jahreseinkommen ohne Belastung. Wenn der/die Ehepartner/-in 25 Prozent hinzuverdient, bleiben sie sogar bis zu 50.000 Euro unbelastet. Spitzenverdiener ab 105.000 Euro Alleinverdienst zahlen hingegen 3330 Euro mehr Steuern. Unterm Strich bedeutet das 1,9 Milliarden Euro mehr, die wir in die Infrastruktur stecken können.

Familienpolitisches Finanzkonzept vorgestellt

SPD-Fraktion: Gute Kinderbetreuung

5.3.07

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