Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus

In der Gedenkstunde des Bundestages zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus hielt die 85-jährige Ruth Klüger die Rede. Sie wurde 1931 als Tochter jüdischer Eltern in Wien geboren.

1942 wurde sie mit ihrer Mutter in das Konzentrationslager Theresienstadt, ein Jahr später nach Auschwitz-Birkenau und dann in das Arbeitslager Christianstadt in der ostbrandenburgischen Niederlausitz (heute Polen), ein Außenlager des niederschlesischen Konzentrationslagers Groß-Rosen, deportiert. Dort musste sie Zwangsarbeit leisten.

Ruth Klüger (Fotos: Bundestag / A. Melde)

Ruth Klüger (Fotos: Bundestag / A. Melde)

Gegen Kriegsende gelang ihr auf einem der „Todesmärsche“ mit ihrer Mutter und einer Pflegeschwester die Flucht nach Niederbayern. Ihr Vater, ein jüdischer Frauenarzt, wurde in Auschwitz ermordet. Bekannt wurde sie mit ihrem Erinnerungsbuch „weiter leben“, das ich als Studentin gelesen habe. Eine tolle Frau mit klarer Haltung.

Ihre Rede im Bundestag hat mich sehr berührt. Ruth Klüger hat Deutschland für die Aufnahme der Flüchtlinge gedankt. Sie sagte: „Verehrtes Publikum, ich habe jetzt eine ganze Weile über Versklavung als Zwangsarbeit in Nazi-Europa gesprochen und Beispiele aus dem Verdrängungsprozess nach 1945 zitiert. Aber eine neue Generation ist seither hier aufgewachsen, und dieses Land, das vor 80 Jahren für die schlimmsten Verbrechen verantwortlich war, hat heute den Beifall der Welt gewonnen, dank seiner geöffneten Grenzen und der Großzügigkeit, mit der Sie Flüchtlinge aufgenommen haben. Ich bin eine von den vielen Außenstehenden, die von Verwunderung zu Bewunderung übergegangen sind. Das war der Hauptgrund, warum ich die Gelegenheit wahrgenommen habe, in Ihrer Hauptstadt über die früheren Untaten sprechen zu dürfen, hier, wo ein gegensätzliches Vorbild entstanden ist und trotz Hindernissen, Ärgernissen und Aggressionen noch weiter entsteht, mit dem schlichten und heroischen Slogan: Wir schaffen das.“

» bundestag.de: Ruth Klügers Erlebnisse als Zwangsarbeiterin Video