Viele Mitglieder der SPD im Kreis Mettmann haben sich in der Stadthalle Erkrath getroffen, um mit den Abgeordneten Kerstin Griese und Peer SteinbrĂŒck ĂŒber das Mitgliedervotum zu sprechen. Gerade dieses Votum sei besonders wichtig, sagte Kerstin Griese, âdenn es hat unseren Verhandlern den RĂŒcken gestĂ€rktâ.
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Diese Basisbeteilung bedeute mehr Demokratie, und habe der SPD mehr Verhandlungsmacht gegeben, als es die 25,7 Prozent erwarten lieĂen. âDas hat CDU und CSU ziemlich geĂ€rgertâ, erzĂ€hlte Griese, der selbst fast 100 Stunden an den Verhandlungen zum Vertragskapitel Familie und Gleichstellung beteiligt war.
Das wichtigstes Ziel habe die SPD erreicht, betonte Kerstin Griese: den gesetzlichen Mindestlohn ab 2015. Ein sofortiger Mindestlohn ab 2014 sei nicht möglich, denn zuerst mĂŒsse der Gesetzgebungsprozess beginnen, wehrte sie Forderungen nach einer schnelleren Umsetzung ab. Die vereinbarten Formulierungen seien quasi eins zu eins von den Gewerkschaften ĂŒbernommen worden.
Sechs Milliarden Euro werde die GroĂe Koalition fĂŒr Kitas, Schulen und Hochschulen ausgeben, die Elternzeit werde flexibler und es gebe ein âElterngeld plusâ, zĂ€hlte die Familienpolitikerin Griese die Verhandlungsergebnisse ihres Arbeitsbereiches auf. Die Quote in den AufsichtsrĂ€ten werde verbindlich vorgeschrieben und es werde ein Gesetz zur Entgeltgleichheit geben.
âMan muss auch offen sagen, was wir nicht erreicht habenâ, rĂ€umte Kerstin Griese ein. Es sei nĂ€mlich nicht gelungen, das Betreuungsgeld abzuschaffen, das momentan von etwa 30.000 Menschen in Anspruch genommen werde.
âIch gehe nicht mit Begeisterung in eine groĂe Koalitionâ, schlussfolgerte die SPD-Kreisvorsitzende, âaber ich finde, wir haben weit mehr als unser 25,7-Prozent-Wahlergebnis rausgeholt. Dinge, die das Leben von Menschen real verbessern. Und darauf muss es der SPD immer ankommen.â
âRiecht schlecht, essâ ich nicht, mag ich nichtâ, verwies SteinbrĂŒck auf seinen GroĂvater, der so auf neue Rezepte der GroĂmutter reagierte. So könne man jedoch keine Politik machen. SteinbrĂŒck fragte nach Alternativen zur GroĂen Koalition. Bei Neuwahlen wĂŒrden sich die WĂ€hlerinnen und WĂ€hler fragen, warum die SPD einen Koalitionsvertrag abgelehnt hat, der Kernelemente sozialdemokratischer Politik enthĂ€lt. âIch wĂŒrde nicht nur ungern, sondern mit höchsten Bedenken in Neuwahlen gehen.â
Peer SteinbrĂŒck widersprach denen, die die GroĂe Koalition als alleinige Ursache der Wahlniederlage 2009 bezeichnen. âWenn sich die SPD nicht vertraut, wie sollen uns dann die WĂ€hlerinnen und WĂ€hler vertrauen?â, rief SteinbrĂŒck unter dem Beifall des Publikums in Erkrath.
Bei den anschlieĂenden Wortmeldungen gab es sowohl Stimmen, die gegen die GroĂe Koalition waren, als auch PlĂ€doyers fĂŒr die Annahme des Koalitionsvertrags. Letztere bekamen in der von Detlef Ehlert souverĂ€n moderierten Diskussion deutlich mehr Applaus.
âMein Votum: eindeutig Jaâ, sagte Walter Grevener, der seit 60 Jahren in der SPD ist. Auch er habe vor den Verhandlungen viele Vorbehalte gehabt, wies er auf Merkels Vorwurf der europapolitischen UnzuverlĂ€ssigkeit hin. Dirk Sondermann, âpassiver Sozialdemokrat und aktiver Gewerkschafterâ, sagte, dass sehr gut verhandelt worden sei, âaber mit der falschen Parteiâ. Auch Neu-Mitglied Bettina Berens sprach sich nachdrĂŒcklich gegen die Koalition mit der Union aus.
âTue Gutes und rede darĂŒberâ, forderte der ehemalige DGB-Landesvorsitzende Walter Haas als Marschroute fĂŒr die nĂ€chsten vier Jahre. âNeuwahlen: FDP rein, AfB rein und die SPD dauerhaft unter 20 Prozent. Wer Lust am Untergang hat, der soll mit Nein Stimmenâ, sagte er unter groĂem Applaus.
Peer SteinbrĂŒck gab sich in seiner Reaktion durchaus selbstkritisch, was auf viel Zustimmung beim Publikum stieĂ. âDie SPD wird aufpassen mĂŒssen, dass sie sich nicht nur auf die Gegenwartsinteressen der ĂŒber 60-JĂ€hrigen konzentriertâ, vermisste der ehemalige Kanzlerkandidat ein verstĂ€rktes Eintreten fĂŒr die Zukunftsinteressen. âDie Rentenvereinbarungen werden uns noch schwer zu schaffen machenâ, so SteinbrĂŒck. Hildens BĂŒrgermeisterkandidatin Birgit Alkenings stimmte ihm zu und wies auf die Ungerechtigkeit hin, dass die MĂŒtterrente von den jetzigen und kĂŒnftigen Beitragszahlern aus der Rentenkasse gezahlt werden soll, wĂ€hrend SelbststĂ€ndige, Freiberufler und Beamte verschont blieben.
FĂŒnf Milliarden Entlastung fĂŒr die Kommunen durch ein Teilhabegesetz fĂŒr ein Zusammenleben von Menschen mit und ohne Behinderung sei ein wichtiges Projekt des Koalitionsvertrags, sagte der stellvertretende Landrat Manfred Krick. âEs wird an der Bundestagsfraktion liegen, dass wir 2017 eine Chance habenâ, meinte er mit Blick auf Kerstin Griese und Peer SteinbrĂŒck.
âIch habe ganz viel Entschlossenheit und Mut gehört, dass wir das anpackenâ, sagte Kerstin Griese zum Abschluss der Veranstaltung. âIch glaube, dass wir MaĂstĂ€be gesetzt haben, wie man mit solchen wichtigen Entscheidungen umgehtâ, zeigte sie sich sehr stolz auf die Debatte im Rahmen des Mitgliedervotums.