Kerstin Griese trifft … Verena Bentele

Verena Bentele, Gast bei „Kerstin Griese trifft …“, ist mit 12 Biathlon- und Langlauf-Goldmedaillen Rekordsiegerin bei den Paralympics. Im Anschluss an ihre Sportkarriere ist sie Behindertenbeauftragte der Bundesregierung geworden, Sport macht sie nebenher immer noch.

Zuletzt ist sie den Oberelbe-Marathon in Dresden gelaufen. „Für eine Politikerin ist unter vier Stunden ok“, zeigte sich Verena Bentele, die blind ist, mit ihrer dort gelaufenen Zeit zufrieden.

„Es geht nicht nur um Schwellen im Boden“, sagte Kerstin Griese. Sondern bei der Schaffung von Barrierefreiheit gehe es auch um Blinde, Sehbehinderte oder Gehörlose. Außerdem müssten mehr Dinge in einfacher Sprache gesagt werden, damit alle Menschen sie verstehen, erläutert die SPD-Sozialexpertin Griese. „Ab nächstem Jahr müssen Behörden ihre Bescheide in leichter Sprache erläutern“, sagte Bentele. „Das ist für alle Menschen hilfreich, wenn Themen aufs Wesentliche reduziert werden.“ Bentele und Griese sind sich einig darin, dass der Abbau von Barrieren für alle hilfreich sei. „Egal ob für kleine Kinder, Familien und ältere Menschen: alle wollen sich alleine bewegen und informieren“, sagte die Behindertenbeauftragte und SPD-Politikerin. Leider gebe es in Deutschland immer noch keine Verpflichtung zur Barrierefreiheit für private Anbieter. Verena Bentele fordert, dass in der nächsten Wahlperiode das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz geändert wird. „Dann sind die Unternehmen mit ihrer Kreativität gefragt“, möchte Bentele erreichen, dass es auch im Kino oder Restaurant Barrierefreiheit gibt.

„Es weiß kaum jemand, dass Menschen nicht an der Bundestagswahl teilnehmen dürfen, weil sie unter Betreuung stehen“, sprach Kerstin Griese die Tatsache an, dass viele Menschen mit einer geistigen Behinderung von Wahlen ausgeschlossen sind. Bentele ist es ein Herzensanliegen, das zu ändern. Die SPD sei bereits überzeugt, und in manchen Bundesländern – wie auch in NRW – sei es bereits möglich, an der Landtagswahl teilzunehmen. „In einer Demokratie muss es selbstverständlich sein, dass alle Menschen die Möglichkeiten bekommen, ihre Wahlentscheidung zu treffen“, so Bentele.

„Kinder müssen zusammen lernen und zusammen aufwachsen“, plädierte Verena Bentele für eine inklusive Schule. „Nur wenn wir gemeinsames Lernen ermöglichen, wird es einen gemeinsamen Arbeitsmarkt geben.“ Menschen mit Behinderungen seien trotz durchschnittlich besserer Qualifikation überdurchschnittlich oft arbeitslos, weil man ihnen nichts zutraut. „Ich werde jeden Tag fünf Mal gefragt, ob ich das überhaupt schaffe“, erzählte die Behindertenbeauftragte.

Das Bundesteilhabegesetz, ein im letzten Jahr beschlossenes Vorhaben, war das wichtigste Thema in der Diskussion mit dem Publikum. Expertinnen und Experten aus Behindertenverbänden, Selbsthilfeorganisationen und der Arbeitsverwaltung erläuterten die Praxis des Gesetzes, das jetzt in die Umsetzung kommt.