Kevin Kühnert, Kerstin Griese

Kerstin Griese trifft … Kevin Kühnert

„Wir haben uns in den letzten Jahren zu sehr in Sicherheit gewähnt, denn wir sind mit den Vorzügen dieses Europas groß geworden“, sagte Kevin Kühnert bei „Kerstin Griese trifft …“ in Velbert. Doch jetzt merke die junge Generation, dass dies zunehmend in Frage gestellt wird.

» WAZ Velbert: Der junge Sozialist begeisterte das Publikum

Bilo VelbertKühnert, GriesdKühnertKühnert, Griese„Die Gefahr ist real, nicht weil die Rechtsradikalen kurz vor der absoluten Mehrheit wären, sondern weil Konservative mit denen einen Pakt eingehen“, betonte Juso-Chef Kühnert und wies auf die Skandale in Österreich hin. „Diese Leute spielen mit Europa, und das sollte man nicht.“

Sozialstaatssekretärin Kerstin Griese begann die Diskussion mit einem aktuellen Thema, nämlich der jetzt von der SPD durchgesetzte Mindestausbildungsvergütung. „Das war eine Forderung der Jusos“, sagte Griese. Kühnert wies darauf hin, dass die Idee von der Verdi-Gewerkschaftsjugend stammt, denn zum Beispiel in der Friseurausbildung werde nur eine sehr niedrige Ausbildungsvergütung gezahlt. „Junge Menschen haben das Recht, auf eigenen Beinen zu stehen.“ Keine großen Sprünge machen, aber ein eigenes Zimmer und mobil sein, fordert Kühnert.

„Die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit ist eine der größten Herausforderungen für die EU“, sagte Kerstin Griese mit Blick auf Südeuropa. Kühnert bestätigte das, und kritisierte, dass die EU zwar eine Jugendgarantie zur Bekämpfung der Beschäftigungslosigkeit eingeführt habe, dafür das Geld aber gar nicht abgerufen wurde. Die betroffenen Länder bräuchten Unterstützung beim Aufbau einer Struktur für einen berufliche Ausbildung, sagte der Juso-Vorsitzende.

„Wir wollen mehr tun für soziale Standards in Europa“, unterstricht Griese eine zentrale SPD-Forderung. „Wir brauchen Mindestlöhne in ganz Europa.“ Genauso wichtig sei eine Mindestbesteuerung von Unternehmen sowie die Besteuerung der digitalen Konzerne, so Griese. „Und ich bin froh, dass die Finanztransaktionssteuer kommt, und die Hälfte davon in die Grundrente geht“, sprach sie ein ganz aktuelles Thema an, was Kühnert dazu verleitete, die Moderation umzudrehen. Er fragte nun die Rentenexpertin Griese, wie die Eckpunkte des von der SPD vorgelegten Konzepts aussehen. „Wer 35 Jahre gearbeitet, Kinder erzogen oder Angehörige gepflegt hat, wird die Grundrente beziehen“, antwortet Griese, und das seien zu 80 Prozent Frauen. In die Grundrente werden zu einem großen Teil Steuern reinfließen, insbesondere auch die Mövenpick-Steuer, kündigte sie an. „Im Alter sicher leben können ist das wichtigste Versprechen des Sozialstaats.“

Angesprochen wurde auch das Zeit-Interview von Kevin Kühnert. Jusos dürfen so etwas diskutieren, Ältere aber auch, zumal in unserer Gesellschaft zu selten über die langen Linien geredete wird, betonte Griese. Sozialismus müsse immer etwas mit Demokratie und Freiheit zu tun haben, waren sich Griese und Kühnert einig, und eröffneten damit eine lebendige Diskussion mit dem Publikum im überfüllten Bürgerzentrum BiLo. „Politik braucht viel Leidenschaft, Politik ist interessant und spannend“, sagte Kerstin Griese zum Abschluss.

„Der Juso-Chef schlug sich gut auf manchmal komplizierten Themenfeldern und kam kompetent und sympathisch rüber“, bilanzierte die WAZ. „Auch das Publikum war angetan von dem 29-Jährigen; davon zeugten die Zwischenapplause und der donnernde Beifall am Ende.“