Kerstin Griese und Henning Scherf

Kerstin Griese trifft … Henning Scherf

Die älter werdende Gesellschaft war das Thema, das 130 Interessierte zu „Kerstin Griese trifft … Henning Scherf“ in den Lintorfer AWO-Treff lockte. Der ehemalige Bremer Bürgermeister erzählte, wie er schon mit Mitte 40 sein Leben im Alter vorbereitet hat und in eine große WG gezogen ist.

30.000 WGs für ältere Menschen gebe es mittlerweile in Deutschland, warb der heute 74-Jährige für das von ihm gewählte Wohnmodell. „Es gibt demnächst mehr Alten-WGs in Deutschland als Wohngemeinschaften für Studenten“, prognostizierte Kerstin Griese. „Die Zahl der Alten steigt stetig, denn glücklicherweise leben wir länger.“

scherf3Henning Scherf betonte, dass die meisten Älteren nicht mehr in ein Heim ziehen möchten. „Sie wollen eine aktive Rolle spielen, da wo sie zu Hause sind. Sie wollen ein Netz finden, in dem man sich gegenseitig hilft. Das ist die Zukunft.“ Scherf plädierte gegen jede Form von Sondereinrichtungen. „Viele, die Ängste über das Alleinsein haben, brauchen Menschen, die mit ihnen das Alleinsein teilen“, ist Scherf davon überzeugt, dass Gespräche und Therapien nichts nützen. „Wir dürfen Menschen in ihrem Unglücklichsein nicht institutionalisiert verstärken.“

Bis 2005 stand der SPD-Politiker an der Spitze des Stadtstaates Bremen. 2006 schrieb Scherf sein erstes viel beachtetes Buch„Grau ist bunt – was im Alter möglich ist“. Soeben erschien sein achtes Buch – „Altersreise“ –, das Pflege- und Demenz-Wohngemeinschaften in ganz Deutschland porträtiert.

„Die ambulante Pflege muss verbessert werden und die pflegenden Angehörigen sind zu unterstützen“, betonte Kerstin Griese. „Man muss auch Elternzeit nehmen können, um die eigenen Eltern pflegen zu können“, forderte die Ratinger Bundestagsabgeordnete eine unbürokratische Regelung, bei der man bis zu 1000 Stunden von der Arbeit aussetzen kann.

Der Andrang war so groß, dass Kerstin Griese und Henning Scherf ihre roten Sessel zwei Zuhörern aus dem Publikum zur Verfügung stellten.

Zuletzt hat Henning Scherf die Kommission „Gemeinsam gegen Diskriminierung – für eine gerechtere Teilhabe jüngerer und älterer Menschen“ geleitet. „Wir haben ein lange Latte von Diskriminierungssachverhalten gefunden“, sagte Scherf und ergänzte: „Wir müssen über die Verteilungsungerechtigkeit in unserer Gesellschaft reden. Es ist unbegreiflich, dass das Auseinanderdriften von Arm und Reich immer weiter geht. Dazu gehört auch die Altersdiskriminierung.“

» Westdeutsche Zeitung: „Baustopp für Pflegeheime“

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