Europa droht soziale Spaltung

Kerstin Griese (SPD) warnt vor einer „besorgniserregenden sozialen Aufspaltung Europas in einen relativ stabilen Norden und einen von der Rezession gebeutelten Süden“. Dies ist aus Sicht der Bundestagsabgeordneten die Schlussforderung aus dem soeben vorgelegten EU-Sozialbericht. Im Süden der EU seien die Sozialsysteme als Folge der anhaltenden Wirtschaftskrise überlastet.

„Sie sind kaum noch fähig, die sozialstaatlichen Bedürfnisse der Menschen zu erfüllen“, stellt Griese fest. „Dass eine soziale Aufspaltung Europas nicht nur ein Gefühl ist, wird auf bittere Art und Weise durch die Arbeitslosenzahlen belegt.“ EU-weit liege die Arbeitslosenquote bei durchschnittlich 10,7 Prozent, während 26,6 Prozent der Spanier und 26,0 Prozent der Griechen ohne Job seien, zitiert Griese die aktuellen Zahlen. „Besonders für junge Menschen auf Arbeitssuche ist die Lage prekär. In Spanien waren 56,6 Prozent der jungen Menschen arbeitslos, in Griechenland sogar 57,6 Prozent, mehr als doppelt so viele wie im europäischen Durchschnitt.“

Kerstin Griese weist auf die „unüblich scharfen Tönen“ aus der EU-Kommission hin, die den Ernst der Lage besonders deutlich machen. EU-Sozialkommissar Lázsló Andor habe von einer „neuen Kluft“ gesprochen 2012 als ein weiteres sehr schlechtes Jahr für Europa bezeichnet. „Der EU-Kommissar fordert zu Recht soziale Investitionen und Mindestlöhne, wie es sie in vielen europäischen Staaten bereits gibt.“ Griese wirft Kanzlerin Merkel vor, in diesen Fragen den Fortschritt zu blockieren.

„Der Sozialbericht macht deutlich, wie wichtig die Entwicklung gemeinsamer politischer Maßnahmen in Form einer koordinierten Sozialpolitik ist“, unterstreicht Griese als zuständige Berichterstatterin der SPD-Fraktion. „Die Bundesregierung muss jetzt zeigen, ob sie es mit ihrem Willen zum Integrationsfortschritt ernst meint, oder sie es bei Lippenbekenntnissen belässt,“ Denn zu einer vertieften Europäischen Integration gehöre unausweichlich, dass Europa sich gegenseitig unterstützt. „Ein erster Schritt wäre, gemeinsame Maßnahmen wie den von der SPD unterstützten Vorschlag der EU-Kommission einer Jugendgarantie umzusetzen. Mit ihr soll gewährleistet werden, dass junge Arbeitssuchende innerhalb von vier Monaten nach Abschluss ihrer Ausbildung oder nach Verlust ihres Arbeitsplatzes ein gutes Angebot für eine Integration in den Arbeitsmarkt erhalten sollen. Das wird besonders den südeuropäischen Ländern helfen“, zeigt sich Kerstin Griese überzeugt.

» taz: Die soziale Frage